„Voneinander lernen - Juntos caminamos!“
Fachtag zur 60jährigen Partnerschaft zwischen EB München und Ecuador

„Voneinander lernen - Juntos caminamos!“

München ‐ Rückblick in die Anfänge der Partnerschaft und Ausblick in die Zukunft, so könnte man den Ecuadorfachtag in Rosenheim einordnen.

Erstellt: 13.11.2022
Aktualisiert: 04.01.2023
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Dass so viele Interessierte und Ehemalige daran teilgenommen haben, wie die Partnerschaft der Erzdiözese München und Freising mit Ecuador an Jahren alt ist, nämlich 60, das freute besonders Sebastian Bugl von der Abteilung Weltkirche, der diesen Austausch, zusammen mit der Partnerschaftsgruppe Ecuador des Diözesanrates, initiiert hatte. Mit einem „Bienvenidos“ – „Herzlich Willkommen“ begrüßte Christoph Langer, Theologischer Referent des Katholischen Bildungswerks Rosenheim die 60 Teilnehmenden, die alle – in irgendeiner Weise – in einer Beziehung zu dem südamerikanischen Land Ecuador stehen. In kirchlicher Partnerschaftsarbeit stecke automatisch Entwicklungspolitik, denn Millionen Bauern in der Welt ständen aufgrund des Klimawandels vor dem Aus; Menschenrechtspolitik, weil Fluchtbewegungen oft durch kriegerische Handlungen und Menschenrechtsverletzungen ausgelöst werden, aber auch Kirchenpolitik, da sich immer mehr Gemeinden, aufgrund des Priestermangels, zunehmend selbst organisieren müssten, was er aber auch als Chance verstehe, so Langer. Sichtlich bewegt berichtete Katharina Vogt, aus dem Vorstand des Diözesanrats, von ihrer ersten Reise nach Ecuador, die ihr Leben verändert habe – vor allem dadurch, dass sie gesehen habe, wie die Menschen den Glauben vor Ort in Ecuador lebten. Nach einer weiteren Reise nach Ecuador im Jahr 2010, erstellte sie, mit anderen Reisenden, bei einem längeren Zwischenaufenthalt auf dem Flughafen in Lima/Peru, ein Thesenpapier, in dem die künftige Jugendarbeit in München mit Blick auf Ecuador festgeschrieben wurde. Hieraus entstand später der AK Amistad.

Schon zu Beginn der Fachtagung erhielten die Teilnehmenden verschiedenfarbige Bänder, die anzeigen sollten, in welcher Dekade eine erste Begegnung mit der Kirche und den Menschen in Ecuador stattfand. Einer der Gründer und Pioniere der Partnerschaft, ist Pfarrer Otto Steinberger, der damit zu der ersten Dekade, 1962 – 1971, zu rechnen ist. Zu dieser Zeit, beschäftigten ihn vor allem die Gedanken zum II. Vatikanischen Konzil und die Situation der Kirche auf dem Land. In dieser Zeit wurde auch der Pfarrverband Erdweg aufgebaut. Gemeinsam mit Nikolaus Nöscher, lange Jahre in der Abteilung Weltkirche des Ordinariates in München tätig, erinnerte er sich an die gemeinsamen Besuche bei Pater Johannes Wiesneth in der Pfarrei Milagro/Ecuador, der am Wochenende bis zu 10 Gottesdienste feierte. „Die Kirche vor Ort: das war die Kirche, wie wir sie uns vorstellen. Das war die Kirche unserer Träume“ erzählte Anne Karl-Rott von der Katholischen Landvolkbewegung, aus der dritten Dekade der Partnerschaft, 1982 – 1991. „Es gab Basisgemeinden, die den Pfarrer nur alle drei Monate sahen und bestens organisiert waren. Sie teilten das Wort Gottes miteinander im Alltag. Hier war der Bischof Teil des Volkes und die Frauen die treibende Kraft in den Gemeinden“.

Eva Maria Heerde-Hinojosa, langjährige Leiterin von MISEREOR in Bayern sagte, sie habe immer nach „Strukturen der Verlässlichkeit“ geschaut. Die Beziehung zu der katholischen Kirche Ecuadors habe sich weg von der „Bruderhilfe“ zu einer echten „Partnerschaft“ entwickelt. Als Teil der geschwisterlichen Weltkirche habe sich durch die Partnerschaft ein Lernfeld eröffnet, das sich durch Nähe und Kontinuität auszeichne. Dabei gehe es nicht nur um die Beratung der kirchlichen Amtsträger, sondern „die Ecuadorpartnerschaft sei nach wie vor eine wichtige Aufgabe, auch für die Zukunft, für den Diözesanrat“. Auch zwei ecuadorianische Ehemalige erzählten von ihren Erfahrungen in Deutschland. Paola Tarco hat ein Jahr in der Bahnhofsmission gearbeitet, wo sie unmittelbar erleben durfte, wie viele Frauen und Kinder aus der Ukraine um Hilfe baten, was sie sehr bewegt habe.

David Zurita, der in seinem Freiwilligenjahr vor allem in der Jugendarbeit eingesetzt war, sprach von seinem Glauben, dass für ihn die Kirche „nicht nur ein Gebäude“, sondern „lebendig in unserem Herzen“ sei.  Isabel Otterbach, Referentin für Bildung für nachhaltige Entwicklung im Ordinariat, moderierte als ehemalige Mitarbeiterin der Abteilung Weltkirche den Fachtag, der neben einem historischen Rückblick eine theologische Einordnung der Partnerschaft vornahm und auch die Herausforderungen benannte, vor denen die Partnerschaft gegenwärtig steht. Monsignore Eduardo José Castillo, der Partnerbischof aus Portoviejo/Ecuador schickte über Internet eine Grußbotschaft.

Zukunftsperspektiven

In einer Zoomzuschaltung beschäftigte sich der Jesuitenpater Dr. Carlos Ignacio Man-Ging von der Pontifica Universidad Católica del Ecuador mit dem Begriff der „evangelisierenden Spiritualität“, in Hinblick auf die Partnerschaft.

Prof. Dr. Anna Meiser, Leiterin des Instituts für Interkulturelle Kommunikation der LMU beleuchtete in ihrem Vortrag  „Sozial-ökologische Verantwortung im Kontext der Partnerschaft“ die aktuelle Situation in Ecuador. Erst vor wenigen Tagen war erneut der Ausnahmezustand und eine Ausgangssperre in Guaya und Esmeraldas aufgrund von Anschlägen auf ecuadorianische Sicherheitskräfte verhängt worden. In Kleingruppen wurde das Gehörte anschließend vertieft und diskutiert.

Über „Zukunftsperspektiven für die Partnerschaft“ sprach Alexander Sitter, der für die Erzdiözese München und Freising neun Jahre lang in Quito tätig war. „Keinen Tag davon wolle er missen – so gerne sei er dort gewesen“. Allerdings habe er bei der Projektvergabe gemerkt, dass es ein Gefälle zwischen dem Geber und Nehmer gäbe, ein Abhängigkeitsverhältnis, das den Antragsteller ins Schweigen fallen lassen würde, wenn Projekte nicht so laufen, wie sie ursprünglich geplant worden seien. Daher sei ihm das gemeinsame Aufstellen von Richtlinien und die gemeinsame Vergabe wichtig gewesen.

In einer gemeinsamen Abschlussrunde wurden nochmals alle Themen angesprochen. Deutlich wurde dabei, wie wichtig unmittelbare Begegnungen vor Ort seien, auf Augenhöhe miteinander zu kommunizieren und gemeinsame Themen zu finden. Im Sinne einer synodalen Kirche sollten die Bischöfe ihr Amt wieder im ursprünglichen Sinne als Dienst im Volk wahrnehmen und Frauen für ihre Arbeit in den Gemeinden wertgeschätzt und ein größeres Mitspracherecht erhalten.

Die Bedeutung des Freiwilligendienstes wurde besonders hervorgehoben aber auch, dass es nicht allein die Aufgabe der jungen Generation sei, die Partnerschaft am Leben zu halten. Bei einem Gottesdienst, den Monsignore Thomas Schlichting zum Abschluss hielt, wurden nochmals alle Anliegen zusammengefasst. Der Ausklang fand bei einem gemeinsamen Essen und Musik der bolivianischen Gruppe Estrella del Sur statt.

Von Patrizia Wackers

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