Climate Clock der Malediven auf der COP27-Klimakonferenz
Misereor-Expertin: Fossile Industrielobby hat an Boden gewonnen

Klimakonferenz beendet – Lichtblicke und Schatten

Scharm El-Scheich ‐ Mehr als zwei Wochen lang verhandelten Menschen aus aller Welt auf der 27 UN-Klimakonferenz im ägyptischen Scharm El-Scheich darüber, wie der Klimawandel gebremst und die Klimaschäden begrenzt werden können. Knackpunkt war auch diesmal wieder das Geld.

Erstellt: 21.11.2022
Aktualisiert: 21.11.2022
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Nach der Klimakonferenz COP27 sehen Politiker und Hilfsorganisationen weiterhin dringenden Handlungsbedarf. Entwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) kündigte an, dass Deutschland sich mit einem „fairen Betrag“ an der Bewältigung von Klimaschäden beteiligen werde. In den entsprechenden Fonds müssten alle einzahlen, „die das Klimadesaster mit verursacht haben“, sagte Schulze den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Montag). Auf den Fonds zum Ausgleich von klimabedingten Schäden in den ärmsten Ländern hatten sich die Vertragspartner zuvor geeinigt.

Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) zog eine gemischte Bilanz. Der Ausgleichsfonds markiere den Beginn eines neuen Kapitels in der Klimapolitik. Zudem sei am Ziel festgehalten worden, die Erderwärmung auf 1,5 Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit zu begrenzen, erklärte sie. Die Welt verliere jedoch Zeit, weil kein Ausstieg aus fossilen Energien beschlossen worden sei. Klimaminister Robert Habeck (Grüne) sagte den Funke-Zeitungen, es gelte nun, in konkreten Projekten beharrlich an einer Dämpfung der Erderwärmung zu arbeiten.

Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) betonte, die Klimakrise, die Verschmutzungskrise und die Krise des Artenaussterbens hingen miteinander zusammen und könnten nur gemeinsam gelöst werden. Dass diese Botschaft auch auf der COP27 angekommen sei, gebe ihr „Rückenwind für die Weltnaturkonferenz im Dezember in Montreal“.

Das katholische Hilfswerk Misereor würdigte den „Loss and Damage Fonds“ als ermutigendes Zeichen. Er müsse mit frischem Geld gefüllt werden, und seine Programme müssten besonders vulnerable Gruppen in den Blick nehmen, mahnte Misereor-Klimaexpertin Anika Schroeder. Auch müssten Zuwendungen als Schenkungen erfolgen statt wie bislang in Form von Krediten.

Es sei „nicht akzeptabel, dass keine weiteren Fortschritte hin zu einem 1,5-Grad-kompatiblem Emissionspfad“ erzielt worden seien. Ein überwältigender Anteil der Staaten habe sich zur Abkehr von fossilen Rohstoffen bekannt, so Schroeder. Die „fossile Industrielobby“ habe jedoch erschreckend viel Boden gewonnen.

Im Wortlaut: Statement der Misereor-Expertin Anika Schroeder

„Der Loss and Damage Fonds ist ein ermutigendes Zeichen, dass die Verursacher der Klimakrise endlich die besonders betroffenen Menschen im Globalen Süden nicht mehr im Regen stehen lassen wollen und zugleich ein politischer Durchbruch. Ob man sich ihrer dramatischen Lage wirklich annehmen wird, werden harte Verhandlungen im Aufbau des Fonds zeigen. Es ist unerlässlich, dass der Fonds mit frischem Geld gefüllt wird und seine Programme besonders vulnerable Gruppen in den Blick nehmen. Es muss sich um Schenkungen handeln statt die bisher maßgeblich auf Krediten begründete und auf wenige größere Länder fokussierte Klimafinanzierung zu wiederholen.   

Ohne ausreichenden Klimaschutz und Anpassung sind künftige Schäden und deren Kosten, wie etwa für den Wiederaufbau und klimainduzierte Migration, auch mit dem besten Finanzinstrumenten nicht bewältigbar.   

Für die besonders Betroffenen der Klimakrise ist es nicht akzeptabel, dass keine weiteren Fortschritte hin zu einem 1,5 Grad kompatiblen Emissionspfad erzielt werden konnten, obwohl ein überwältigender Anteil der Staaten sich zu einer Abkehr von fossilen Rohstoffen bekannt hat. Es ist erschreckend, wie viel Boden die fossile Industrielobby in Scharm El-Scheich gewinnen konnte, deren Aktivitäten nicht nur die Klimakrise anheizen, sondern auch in vielen unserer Partnerländer zu Vertreibungen und Umweltzerstörung führen. Kommende Klimaverhandlungen müssen ihren Auftrag erfüllen können und nicht von fossilen Interessen unterminiert werden. So könnten gute Lösungen für alle wie dezentrale, erneuerbare Energieversorgung wieder über Profitinteressen siegen.“ (Anika Schroeder/Misereor)

Die evangelische Hilfsorganisation Brot für die Welt mahnte, nun müsse zügig geklärt werden, wie der Fonds umgesetzt und ausgestattet werden solle. Die Ergebnisse zum Klimaschutz bezeichnete die Klimaexpertin der Organisation, Sabine Minninger, als „sehr enttäuschend“. Es sei „absurd, sich auf einem Klimagipfel nicht zum Ende der Fossilen zu bekennen“. Die Staaten, die dies blockiert hätten, sollten entsprechend in den Klimafonds einzahlen. Auch die Hilfsorganisation Care forderte ein Zahlungssystem, „das die Verursacher der Klimakrise in die Pflicht nimmt“.

UN-Generalsekretär Antonio Guterres verwies auf die Nähe des Verhandlungsortes Scharm El-Scheich zum Berg Sinai, einem zentralen Ort für viele Glaubensrichtungen. „Das ist passend“, sagte Guterres: „Das Klimachaos ist eine Krise biblischen Ausmaßes.“ Jedoch könne die Menschheit nicht „auf ein Wunder von einer Bergspitze warten“.

Von Paula Konersmann (KNA)