„Große Veränderungen beginnen im Kleinen“
Entwicklung ‐ Zum zehnten Mal fanden in Brüssel die Europäischen Entwicklungstage statt. Mit dabei: 16 junge Meinungsführer. Mit dem UN-Generalsekretär Ban Ki Moon diskutierten sie darüber, wie die nachhaltigen Entwicklungsziele umgesetzt werden können.
Aktualisiert: 17.06.2016
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Die Fabrikhalle im Brüsseler Konferenzzentrum Tour & Taxis ist festlich geschmückt. Vorne ist eine große Bühne mit Pult aufgebaut. Menschen drängen sich durch die Stuhlreihen. Reuben James Barrete (24) von den Philippinen wippt aufgeregt mit einem Bein. Neben ihm tuschelt Faith Tendai Munyati (24) aus Südafrika mit ihrer Sitznachbarin. Dann betritt UN-Generalsekretär Ban Ki Moon den Raum, sofort konzentriert sich die Aufmerksamkeit auf ihn.
Es ist die Eröffnungsveranstaltung der Europäischen Entwicklungstage, Europas größter Konferenz für Entwicklungszusammenarbeit. Zum zehnten Mal findet sie in diesem Jahr statt. 6.000 Menschen aus 150 Ländern beraten darüber, wie Europa und die Entwicklungsländer besser zusammenarbeiten können. Das „Davos für Entwicklung“ nennt ein Sprecher der EU-Kommission die Konferenz.
Nachhaltige Entwicklungsziele im Fokus
Top-Thema sind die nachhaltigen Entwicklungsziele, die Sustainable Development Goals (SDGs), auf die sich die Vereinten Nationen im September geeinigt hatten. Hauptziele der Agenda, die bis 2030 erreicht werden soll, sind die Überwindung von Armut, Hunger und Krankheit sowie bessere Bildungschancen und Geschlechtergerechtigkeit.
Die junge Südafrikanerin Munyati ist optimistisch. „Ich glaube, dass alles erreicht werden kann, wenn man es möchte“, sagt sie. Munyati ist eine der 16 „Young Leaders“ – übersetzt „junge Meinungsführer“. In Südafrika engagiert sie sich für die Achtung der Menschenrechte von Flüchtlingen. Munyati hat eine Vision: Sie möchte das Rechtssystem in Südafrika verbessern. Natürlich sei das eine große Aufgabe, aber in ihrer täglichen Arbeit sehe sie immer wieder, wie sich kleine Dinge veränderten. „Große Veränderungen beginnen im Kleinen“, sagt sie. Ein Fall geht ihr nicht mehr aus dem Kopf: Eine junge simbabwische Mutter, die mit ihrem achtmonatigem Baby drei Tage zu Unrecht inhaftiert wurde. Munyati vertritt sie vor Gericht – und kämpft damit auf ihre Art gegen Ungerechtigkeit in dem südafrikanischen Staat.
An mehr als 60 Ständen werden Projekte rund um Klima, Menschen, Wohlstand und Frieden vorgestellt. Darüber hinaus finden Diskussionen und Workshops zu aktuellen Herausforderungen in der Entwicklungszusammenarbeit statt. Vor der Halle gibt es Essen aus aller Welt. Besucher können zwischen Phad Thai, Burrito oder belgischen Fritten wählen. Auf einer einfachen Holzbank üben der junge Philippiner Barrete und Ruba Ahmad aus Jordanien mit ihren Karteikarten für das anstehende Panel. Aufgeregt scheinen sie nicht, eher cool.
Entwicklung neu beleben
Barrete setzt sich für den Friedensprozess auf den Philippinen ein, organisiert Bildungsprojekte für Muslime und Christen, damit sie sich besser kennenlernen und Vorurteile abbauen. Das friedliche Zusammenleben verschiedener Religionen interessiert ihn. Einen Monat lang lebte der Katholik in Thailand mit einem Buddhisten, Muslimen, Juden und Atheisten zusammen. Für ihn bedeute Religion, „etwas Gutes zu tun“, sagt er. Wenn er selbst Spiritualität suche, gehe er gerne in eine Moschee – lieber als in eine Kirche. „Ich mag die friedliche Atmosphäre dort“, sagt Barrete.
Für den jungen Philippiner ist es wichtig, dass die vorgestellten Initiativen nach den Europäischen Entwicklungstagen in den verschiedenen Regionen der Welt auch tatsächlich umgesetzt werden. Er ziehe aus den Erfahrungen neue Motivation und werde in seiner Heimat weiter für ein friedliches Miteinander arbeiten, sagt er. Die Motivation, etwas Neues zu schaffen und mit frischer Energie voranzugehen, beschwor auch Ban Ki Moon in seiner Rede. „Wir müssen unsere Partnerschaft für Entwicklung neu beleben“, betonte er.
Von Franziska Broich (KNA)
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