Zentralafrika: Gewalt trotz Friedensabkommen
Zentralafrikanische Republik ‐ Trotz des jüngst unterzeichneten Friedensabkommens in Rom kommt die Zentralafrikanische Republik nicht zur Ruhe. Die Konfliktlinie zieht sich von Nord- bis Südosten, wo Splittergruppen der Anti-Balaka und Séléka-Milizen sich bekämpfen. Die Kirche des Landes ruft unterdessen zur Entwaffnung auf.
Aktualisiert: 15.11.2022
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Trotz des jüngst unterzeichneten Friedensabkommens in Rom kommt die Zentralafrikanische Republik nicht zur Ruhe. Die Konfliktlinie zieht sich von Nord- bis Südosten, wo Splittergruppen der Anti-Balaka und Séléka-Milizen sich bekämpfen. Es geht um natürliche Ressourcen - unter anderem Diamanten - und um territoriale Macht. Die Kirche des Landes ruft unterdessen zur Entwaffnung auf.
An zahlreichen Orten hat es bereits Tote gegeben: Alindao, Mobaye, Zangba, Bangassou, Bakouma, Nzacko. In Bria, im Osten des Landes, soll es zwischen 40 und 100 Tote gegeben haben, wie Fides berichtete. Die Stadt ist für die Kontrolle von Ressourcen, insbesondere von Diamanten, von strategischer Bedeutung.
Eine Million Menschen wurden bislang in der Zentralafrikanischen Republik in die Flucht getrieben: Laut aktuellen Zahlen des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR sind rund 500.000 Menschen in die Nachbarländer geflohen, die meisten nach Kamerun. In der Zentralafrikanischen Republik selbst gibt es mittlerweile über 500.000 Binnenflüchtlinge. Oft sind die Kirchen letzter Zufluchtsort auch für die Muslime im Land, wie etwa in Bangassou, Bambari und Alindao.
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Zentralafrika: Gewalt trotz Friedensabkommen
Am 19. Juni unterzeichneten dank der Vermittlung der Gemeinschaft Sant’Egidio 13 von 14 Rebellengruppen ein Friedensabkommen in Rom. Darin verpflichteten sie sich unter anderem zu einer sofortigen Waffenruhe. Der Erzbischof von Bangui, Kardinal Dieudionné Nzapalainga, war eine Woche darauf selbst in Rom – allerdings, um am Konsistorium im Vatikan teilzunehmen. Im Interview mit der französischen katholischen Zeitung „La Croix“ betonte er, dass er nicht zu den Unterzeichnern gehöre und niemanden in seinem Namen nach Rom geschickt habe, wie es in dem Abschlussdokument offenbar angedeutet wurde. Er lobte zwar alle Bemühungen um den gesellschaftlichen Zusammenhalt, merkte zugleich aber kritisch an, dass in dem Friedensabkommen „Türen für eine Straflosigkeit der Konfliktparteien“ geöffnet würden.
Unterdessen riefen die katholischen Bischöfe des Landes in einer Mitteilung anlässlich ihrer jährlichen Versammlung in Kaga-Bandoro vom 20. bis 25. Mai erneut zum Frieden auf und betonten die Bedeutung von Entwaffnung, Gerechtigkeit und Versöhnung. Die Bevölkerung müsse wieder gegenseitiges Vertrauen aufbauen und dabei zu allererst die „Herzen entwaffnen“. Die entsprechenden Institutionen, allen voran ein eigens eingerichtetes Sondergericht zur Aufklärung von Kriegsverbrechen, müssten eine Chance bekommen, so die Bischöfe.
Das betonte auch der Chef der UN-Mission MINUSCA, Parfait Onanga-Anyanga, am Mittwoch. Er rief laut dem „Journal de Bangui“ die Bevölkerung dazu auf, die neuen Autoritäten des Landes in ihrem Engagement bei der Entwaffnung und dem Sondergericht zu unterstützen. Zugleich betonte er, dass der Frieden nicht mit Waffengewalt zu erreichen sei. Vielmehr müssten die Bedingungen für einen Dialog geschaffen werden.
Die UN-Mission hat allerdings selbst ein Vertrauensproblem bei der Bevölkerung. Mit bis zu 12.000 Mann kann sie nicht alle Regionen kontrollieren und sieht sich schweren Vorwürfen ausgesetzt: Soldaten der Einheit sollen in Gewalt und sexuellen Missbrauch an der Zivilbevölkerung verwickelt sein.
Von Claudia Zeisel
© Fides/Lacroix/UNHCR/Journal de Bangui/weltkirche.katholisch.de