
Overbeck: Amazonas-Synode ist Zäsur für Kirche
Amazonas-Synode ‐ Die für Oktober geplante Amazonas-Synode in Rom wird nach Worten von Adveniat-Bischof Franz-Josef Overbeck zu einer „Zäsur“ in der katholischen Kirche führen. „Nichts wird mehr sein wie zuvor“, sagte der für Adveniat zuständige Bischof am Donnerstag in Essen.
Aktualisiert: 02.05.2019
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Die für Oktober geplante Amazonas-Synode in Rom wird nach Worten von Adveniat-Bischof Franz-Josef Overbeck zu einer „Zäsur“ in der katholischen Kirche führen. „Nichts wird mehr sein wie zuvor“, sagte der für das katholische Lateinamerika-Hilfswerk Adveniat zuständige Ruhrbischof am Donnerstag vor Journalisten in Essen. So stehe die hierarchische Struktur der Kirche genauso auf dem Prüfstand wie ihre Sexualmoral und das Priesterbild. Auch die Rolle der Frau in der Kirche müsse überdacht werden.
Weitere Probleme sind laut Overbeck der Rückgang an Gläubigen – nicht allein in Europa, sondern besonders auch in Lateinamerika. Zudem müsse die Kirche auf die „immense Ausbeutung“ der Natur und die Missachtung der Menschenrechte reagieren. „Über all das wird auf der Amazonas-Synode zu sprechen sein“, sagte der Bischof bei der Vorstellung der Jahresbilanz von Adveniat.
Papst Franziskus hat zu der Amazonas-Synode vom 6. bis 27. Oktober im Vatikan eingeladen. Bei der Bischofsversammlung soll es neben der Ökologie um Theologie und Seelsorge, um die Belange der Indigenen sowie um Menschenrechte gehen. Franziskus habe mit seiner südamerikanischen Perspektive dafür gesorgt, dass ein Bewusstsein für diese Herausforderungen entstanden sei, so Overbeck.
Die „eurozentrische Struktur“ der katholischen Kirche werde sich ändern, erläuterte der Bischof. Das zeige sich schon daran, dass in Lateinamerika die Ortskirchen und ihr Klerus immer selbstständiger würden. Dort habe es bisher viele Priester aus Europa gegeben, die jetzt nicht mehr zur Verfügung stünden. Zugleich stelle sich auch in Lateinamerika ein Priestermangel ein. Er kenne Diözesen, in denen einem Bischof noch gerade zehn Priester für ein riesiges Seelsorgegebiet zur Verfügung stünden. Schon jetzt seien die Kirchen vor Ort vor allem durch Ordensfrauen geprägt. „Das Gesicht der Kirche vor Ort ist ein Gesicht von Frauen“, so der Adveniat-Bischof.
Overbeck verwies auf Zahlen, wonach sogar in Brasilien, dem größten Land Südamerikas, der Katholikenanteil von einst 90 auf jetzt noch knapp 70 Prozent zurückgegangen sei. In anderen Ländern liege sie noch bei knapp 50 Prozent. Die Entwicklung halte an. Ähnliches habe sich in Europa vollzogen, wo in vielen Ländern nur noch etwa die Hälfte der Menschen überhaupt einer christlichen Kirche angehörten. Auf all das müsse die Kirche reagieren und Antworten finden, betonte der Bischof. Die Kirche werde das „Schritt für Schritt“ über mehrere synodale Prozesse tun.
Leichtes Einnahme-Plus im Geschäftsjahr 2018
Adveniat stellte am Donnerstag in Essen auch seine Jahresbilanz vor, wonach das Hilfswerk im Geschäftsjahr 2018 einen leichten Anstieg an Spenden und Kollekten verzeichnete. Im Geschäftsjahr 2018 erzielte es Erträge in Höhe von 46,91 Millionen Euro, rund 20.000 Euro mehr als im Vorjahr, wie Geschäftsführer Stephan Jentgens bei der Vorstellung der Jahresbilanz am Donnerstag vor Journalisten in Essen erläuterte. Aus der Weihnachtskollekte stammten davon 24,83 Millionen Euro (2017: 24,79 Millionen Euro), aus Einzelspenden 12,39 Millionen Euro (11,77). Der Rest komme etwa aus Nachlässen, Priesterpatenschaften, Weiterleitungsspenden und Zuwendungen des Verbands der Diözesen Deutschlands.
Insgesamt sind von Adveniat laut Jahresbericht 1.942 Projekte (2017: 2.164) in Ländern Lateinamerikas mit einer Summe von knapp 36,17 Millionen Euro (37,66) gefördert worden. Die größten Zuwendungen flossen nach Brasilien (6,83 Millionen Euro), Kolumbien (3,35), Peru (2,73), Haiti (2,52) und Argentinien (2,26). Vor dem Hintergrund der sich weiter verschärfenden humanitären Krise in Venezuela sei zudem die Zahl der Projekte in dem Land weiter erhöht worden. 2018 wurden dort 116 Projekte mit rund 1,41 Millionen Euro unterstützt.
Die Hilfe für Venezuela gestalte sich zunehmend schwierig, sagte Hauptgeschäftsführer Michael Heinz. Seit Monaten lasse das Regime um den bisherigen Präsidenten Nicolas Maduro internationale Hilfslieferungen nicht ins Land. „Wir haben mit ansehen müssen, wie Hilfsgüter an der Grenze verbrannt wurden.“ Adveniat konzentriere sich derzeit auf Hilfen in Grenzgebieten der Nachbarstaaten. Flüchtlinge aus Venezuela würden etwa im kolumbianischen Bistum Cucuta mit Lebensmitteln und Medikamenten versorgt.
Lateinamerikas Machthaber träten heute wie „Caudillos“ auf, „wie populistische Alleinherrscher“, kritisierte Heinz. Die Menschen in den Ländern würden rücksichtslos ausgebeutet – „ob von links oder von rechts“. Gewinnmaximierung zugunsten politischer und wirtschaftlicher Eliten bestimme die Politik. Als eines der schwersten Verbrechen an den Menschenrechten nannte er die Vertreibung der indigenen Bevölkerung zur Abholzung des Regenwalds. Europa als wichtiger Soja- und Holzimporteur trage dabei eine große Mitverantwortung.
„Die Menschen in Lateinamerika und der Karibik brauchen unsere Aufmerksamkeit, Solidarität und Spendenbereitschaft“, so Jentgens. Er verwies auf die diesjährige Weihnachtsaktion von Adveniat; deren Motto laute „Friede! Mit Dir!“
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