Afrikas Milliardäre bringen Wandel auf dem Kontinent
Afrika ‐ Not macht erfinderisch? Auf Afrikas Milliardäre trifft das definitiv zu. Sie bauten ihre Imperien meist aus dem Nichts auf. Ihre Wurzeln haben sie trotz eines Lebens in Reichtum nicht vergessen.
Aktualisiert: 25.06.2019
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Not macht erfinderisch? Auf Afrikas Milliardäre trifft das definitiv zu. Sie bauten ihre Imperien meist aus dem Nichts auf. Ihre Wurzeln haben sie trotz eines Lebens in Reichtum nicht vergessen.
„Lange Zeit waren wir überzeugt, dass Afrika arm sei. Aber das ist nicht wahr. Es sind seine Bewohner.“ Und das lasse sich ändern, war Reginald Mengi überzeugt. Vor kurzem starb der tansanische Großunternehmer, der es verstand, Afrikas Schwächen gleichzeitig in Entwicklung und Profit zu verwandeln, im Alter von 75 Jahren. Seine „erste Million“ verdiente er, indem er auf seinem Schlafzimmerfußboden Kugelschreiber aus importierten Einzelteilen zusammenbaute. Die Stifte galten in Tansania damals noch als Luxusgut.
Seife, Schuhe, Zahnpasta – alles, worauf der Sohn verarmter Bauern am Fuß des Kilimandscharo in seiner Kindheit verzichten musste, sollte später das Fundament seines Reichtums bilden. „Diese Mängel spornten ihn an, etwas aus seinem Leben zu machen“, sagt Chris Bishop, südafrikanischer Wirtschaftsjournalist und Autor des Buchs „Africa's Billionaires“. Damit gehörte Mengi zu der außergewöhnlichen Liga von Afrikas Multimillionären, die den Kontinent nachhaltig verändern.
20 Afrikaner dürfen sich laut dem Wirtschaftsmagazin „Forbes Africa“ derzeit als Milliardär bezeichnen. Der reichste von ihnen ist Aliko Dangote (62). Als Junge verkaufte der Nigerianer Süßigkeiten auf der Straße; heute bestücken seine Zuckerfabriken über 90 Prozent des nigerianischen Markts. Zucker, Zement und Zuversicht sind das Geheimnis von Dangotes Vermögen (10,3 Milliarden US-Dollar). „Als Geschäftsmann und Unternehmer möchte ich in Erinnerung bleiben“, so Dangote; „als einer, der große Hürden gemeistert hat. Aber noch wichtiger: als Wohltäter.“
Seine Stiftung, ausgestattet mit mehr als einer Milliarde US-Dollar, fördert Bildung, Kunst, Kleinunternehmen und humanitäre Hilfe. „Das meiste Geld geht direkt an die Bedürftigsten – an Flüchtlinge, Mittellose und Opfer von Naturkatastrophen“, so der Autor Chris Bishop.
Marketing? Steuernachlass? Laut Bishop hat die Philanthropie von Afrikas Milliardären noch andere Gründe; nämlich Kultur, Religion – und schlicht die Tatsache, dass die meisten selbst in Armut aufwuchsen: „Der verstorbene Mengi etwa wurde in einer Lehmhütte groß und schlief bei den Farmtieren.“ Trotz Reichtums scheinen Afrikas Milliardäre den Blick für die Realität nicht verloren zu haben. So wundert sich auch der mit 44 Jahren jüngste unter ihnen, der Tansanier Mohammed Dewji: „Wenn es 20.000 US-Dollar kostet, einen Brunnen graben zu lassen – weshalb sollte ich mir für dieses Geld eine Uhr kaufen?“
Der simbabwische Unternehmer Strive Masiyiwa (58) erwirtschaftete mit seinem Telekommunikationsunternehmen Econet ein Vermögen von sieben Milliarden US-Dollar. Nach dem Bürgerkrieg in Burundi 2005 entwickelte sein Konzern ein mobiles Zahlungssystem. „Nicht als Geschäftsmodell“, erinnert sich Masiyiwa. „Es war dazu gedacht, Hilfsorganisationen zu ermöglichen, Geld an Menschen im Hinterland zu senden, die dort versuchen, ihr Leben wiederaufzubauen.“ Erst später entstand aus dem elektronischen Geld eine Geschäftsidee.
Die meisten Einwohner Afrikas und seine Milliardäre trennen Welten. Dennoch eint sie am Ende ein gemeinsamer Feind: ein versagender Staat. Genauer gesagt, Korruption, Misswirtschaft und schlechte Regierungsführung. Als bestes Beispiel nennt der südafrikanische Milliardär Nicky Oppenheimer (74) Mineralien. Augenblicklich fallen dabei schuftende Arbeiter und Menschenrechtsverletzungen in den Coltan-Minen des Kongo ein. „Die meisten Menschen sprechen über Mineralien, als seien sie ein Fluch. Aber das ist nicht der Fall“, so Oppenheimer. Er mahnt Afrikas Regierungen, den Rohstoffreichtum zum Wohl der Bevölkerung zu nutzen.
Wolle Afrika vorankommen, müssten seine reichsten Bürger Hand in Hand mit den Regierungen arbeiten, ist Patrice Motsepe überzeugt. Der 57-jährige Bergbaumagnat aus Südafrika muss es wissen: Sein Schwager ist Staatspräsident Cyril Ramaphosa. Dass sein Unternehmen davon profitiert, dementiert Motsepe. 2013 war er der erste Afrikaner, der den sogenannten „Giving Pledge“ unterzeichnete – und damit zusicherte, die Hälfte seines Vermögens (derzeit 2,3 Milliarden US-Dollar) für das Gemeinwohl zu spenden. Das bedeutet in Motsepes Augen nicht nur, Geld für Wohltätigkeit auszugeben, sondern vor allem für Stipendien für Südafrikas künftige Eliten.