Goldgräber in Indigenengebiet eingedrungen
Indigene Völker ‐ Eine große Anzahl von Goldgräbern ist nach Erkenntnissen von Menschenrechtlern inzwischen in das Indigenengebiet des Yanomami-Volkes in Nordbrasilien eingedrungen.
Aktualisiert: 02.08.2022
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Eine große Anzahl von Goldgräbern ist nach Erkenntnissen von Menschenrechtlern inzwischen in das Indigenengebiet des Yanomami-Volkes in Nordbrasilien eingedrungen. Ermutigt durch Äußerungen des rechtsgerichteten Präsidenten Jair Messias Bolsonaro hätten sie Siedlungen und Landebahnen angelegt, berichtet die Organisation Survival International. Es soll bereits zum Tod mehrerer indigener Kinder durch eingeschleppte Krankheiten gekommen sein.
Die Zahl der Goldgräber wird von den Indigenen selbst auf etwa 10.000 geschätzt. In Nordbrasilien und im Süden Venezuelas leben rund 35.000 Yanomami, wobei einige Gruppen bisher keinerlei Kontakt zur Außenwelt hatten. Damit sind sie besonders anfällig für eingeschleppte Krankheiten. Vier Kinder sollen seit der jüngsten Goldgräberwelle bereits gestorben sein. Seit den 1980er Jahren starben nach Schätzungen rund 20 Prozent der Yanomami durch fremde Erreger.
Das rund 10.000 Quadratkilometer große Schutzgebiet gilt als das größte seiner Art weltweit. Brasiliens Regierung hatte es pünktlich zum ersten globalen Umweltschutzgipfel „Eco 92“ im Jahr 1992 in Rio de Janeiro eingerichtet. Allerdings werden die eigentlich geschützten Grenzen des Gebiets regelmäßig von Eindringlingen überschritten, die hier illegal wertvolle Hölzer schlagen und nach Metallen suchen.
Präsident Bolsonaro steht den indigenen Gebieten kritisch gegenüber und will sie für die wirtschaftliche Ausbeutung öffnen. Er selbst war früher als Goldgräber tätig und hatte ihnen im Wahlkampf seine Unterstützung bei der Legalisierung ihrer Arbeit zugesagt. Es müsse endlich Schluss damit sein, dass man Goldsucher als Verbrecher und Umweltsünder darstelle, so Bolsonaro. Nachdem die Regierung die Umweltkontrollen vor Ort gelockert hat, fühlen sich viele Goldsucher nun sicher, gegen die noch bestehenden Gesetze zu verstoßen.
Abholzung am Amazonas um 60 Prozent gestiegen
Unterdessen berichtete die Zeitung „O Globo“, dass die Abholzungen im brasilianischen Amazonas-Wald im Juni um 60 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat gestiegen seien. Dabei beruft sich die Zeitung auf das staatliche Weltraumforschungsinstitut Inpe, das den Amazonas-Wald per Satelliten überwacht. Ob es sich um einen langfristigen Anstieg handelt, sei noch unklar.
Insgesamt gingen demnach im Juni 762 Quadratkilometer Urwald verloren. Für das gesamte erste Halbjahr werden Verluste von 2.300 Quadratkilometern kalkuliert; das ist der höchste Wert seit 2016. Allerdings steigen die Abholzungszahlen in der nun beginnenden Trockenzeit immer stark an. Ein genaueres Bild über die Situation in den Amazonas-Wäldern dürfte zum Jahresende mit der Veröffentlichung der offiziellen Abholzungszahlen für Mitte 2018 bis Mitte 2019 erkennbar werden.
Schon die Regierung von Brasiliens Ex-Präsident Michel Temer (2016-2018) hatte sich für eine Lockerung der Umweltauflagen stark gemacht. Damit sollte die Landwirtschaft gestärkt werden, die neue Weide- und Anbauflächen sucht. Der im Januar vereidigte neue Präsident Jair Messias Bolsonaro hat zudem versprochen, Umweltschutzgebiete sowie indigene Reservate für die wirtschaftliche Nutzung zu öffnen.
Brasilianische und internationale Umweltschützer befürchten daher eine weitere Zunahme der Abholzung. Schon rund ein Fünftel des Amazonas-Waldes wurde in den vergangenen Jahrzehnten vernichtet. Umstritten ist unter Experten, ob das am Freitag unterzeichnete Handelsabkommen zwischen der EU und der südamerikanischen Ländergruppe Mercosur die Abholzungen verstärken oder eindämmen wird.
Um Frankreichs Zustimmung für das Abkommen zu erhalten, hatte Bolsonaro zugesagt, entgegen früherer Ankündigungen doch im Pariser Klimaabkommen zu bleiben. Darin hatte sich Brasilien verpflichtet, illegale Abholzungen bis 2030 auf null zu reduzieren. Bolsonaro hat aber seit seinem Amtsantritt die Kontrollbehörden weiter geschwächt.
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