Frage: Wie kann sich die Entwicklungszusammenarbeit in diese neue Freihandelszone mit einbringen?
Schilder: Die Europäische Union kann über die Entwicklungszusammenarbeit den grenzüberschreitenden Handel erleichtern, indem sie berät bei der Frage von Produkt- und Gesundheitsstandards, die vielfach ein Handelshemmnis darstellen – nicht nur in der Europäischen Union, sondern auch auf dem afrikanischen Kontinent. Man kann beraten bei der Harmonisierung der verschiedenen regionalen Integrationsinitiativen. Das Wirtschaftsabkommen der EU mit Westafrika, ECOWAS, hat ja schon einen gemeinsamen Außenzoll, eine stark fortgeschrittene Handelsliberalisierung in der Region. Darauf muss natürlich auch eine kontinentale Freihandelszone Rücksicht nehmen, ansonsten werden die ECOWAS-Staaten sagen: Warum sollten wir da Mitglied werden, wenn wir uns letztlich schlechter stellen, als wir es auf dem Binnenmarkt haben? Und die Europäische Union kann an den Rahmenbedingungen einiges ändern.
Frage: Was genau muss sich bei den Rahmenbedingungen ändern?
Schilder: Ein Beispiel ist die Frage des Marktzugangs zur Europäischen Union, im Wesentlichen die Zoll- und Quotenfreiheit. Aber auch die Ursprungsregeln sind so rigide, dass man einen hohen Eigenanteil an den Vorprodukten aus eigener Produktion nachweisen muss. Es ist beispielsweise Kakaoproduzenten in Afrika nicht gestattet, den Zucker und die Milch, die sie für ihre Kakao-Produktion brauchen, aus anderen Ländern zu importieren, um dann die Wertschöpfung im eigenen Land zu vollziehen und die fertigen Produkte auf den Weltmarkt und den Markt der Europäischen Union zu exportieren. Man muss diese Ursprungsregel flexibilisieren. Dort, wo man das getan hat, konnte man auch etwas zum Aufbau einer verarbeitenden Industrie beitragen. Wieder ein Beispiel aus Asien: In Papua-Neuguinea ist der Thunfisch-Export ein wesentlicher Beitrag zu den Staatseinnahmen. Man hat sich dann geeinigt, dass Papua-Neuguinea aus anderen Ländern Thunfisch zukaufen darf, im Land verarbeiten und dann exportieren kann. Das ist ein Beispiel für eine gelungene Reform von Ursprungsregeln. Das müsste man in vielen Sektoren auf dem afrikanischen Kontinent auch machen.
Ein anderes Beispiel, wo die EU weiter in der Bringschuld steht, ist der Import von Billigprodukten und subventionierten Agrarprodukten wie Tomaten oder Geflügel, die nicht mehr direkt subventioniert werden, aber durch die Subventionen an die Erzeuger künstlich verbilligt sind. Das führt zu massiven Handelsverzerrungen auf dem afrikanischen Kontinent und davon hängen die Existenzen von Kleinproduzenten ab.