Ein am Mittwoch veröffentlichter UN-Bericht spricht von Hunderten Fällen von Hinrichtungen, Folter und Vergewaltigung zwischen Januar 2017 und Oktober 2018 allein in der Provinz Nord-Kivu, wo Dorvilier sein Büro hat. Der Mediziner Denis Mukwege, der für sein Engagement zugunsten von Vergewaltigungsopfern mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet wurde, beschrieb die Situation so: „Ich komme aus einem der reichsten Staaten der Erde. Trotzdem gehört das Volk in meinem Land zu den ärmsten der Welt.“
Im Kongo lagern unter anderem Kobalt, Koltan und Diamanten, heiß begehrt bei der Produktion etwa von Smartphones und Elektroautos. Der Abbau finde praktisch ohne politische Kontrolle statt, nähre unter den Augen der Weltöffentlichkeit einen Kreislauf von Krieg und Korruption, so Mukwege. Solange die Verantwortlichen nicht zur Rechenschaft gezogen würden, gebe es im Kongo keinen Frieden.
Viele Kongolesen haben das Vertrauen in den Staat längst verloren. Wenn die Behörden wie jetzt zum Kampf gegen Ebola aufrufen, vermuten die Menschen dahinter neuerliche Schikanen, sagt Louis Dorvilier. Die Folge: eine weitere Ausbreitung der Seuche.
Zu den wenigen Institutionen, die noch Achtung im Land genießen, zählt die katholische Kirche. Die Bischöfe haben im Tauziehen um die Macht mehrfach vermittelt, müssen sich zugleich Kritik gefallen lassen, dass sie Demonstranten aus dem katholischen Milieu, die vor einem Jahr gegen Kabila auf die Straßen gingen, im Stich gelassen hätten.
Wer auch immer Kabila nachfolgt – er erbt ein kaum zu entwirrendes Knäuel an Problemen. Am Donnerstagnachmittag wollte die Wahlkommission in Kinshasa vor die Presse treten. Laut einem Bericht der Deutschen Welle könnte dann eine endgültige Entscheidung fallen, ob die Wahl wie geplant am Tag vor Heiligabend abgehalten wird.
Von Joachim Heinz (KNA)
© KNA