Frage: Dass die mauretanischen Blauhelmsoldaten mit den Rebellen gemeinsame Sache machen, ist ein schwerer Vorwurf.
Derenthal: Ich habe es mit eigenen Augen gesehen. Es ist auch ganz leicht zu erklären: Es geht nur ums Geld. Jeder mauretanische Soldat bekommt bei der UNO-Mission ein Zehnfaches an Gehalt, was er normalerweise verdienen würde – ebenso der mauretanische Staat. Aber ich will nicht nur eine bestimmte Gruppe beschuldigen, es gibt auch Soldaten anderer Länder, die so ein Fehlverhalten aufzeigen. Es gibt bei diesem Krieg in der Zentralafrikanischen Republik genug Gewinner. Ein Blauhelmsoldat aus Ungarn hat mir das bestätigt: Stellen Sie sich vor, es gibt keinen Krieg mehr. Dann sehen sich die Vereinten Nationen gezwungen, ihre Kontingente an Soldaten zurückzuziehen. Das würde zur Folge haben, dass die Staaten, die Soldaten zur Verfügung stellen, kein Geld mehr bekommen. Das ist brutal und fast unglaublich. Aber deshalb halten diese Soldaten den Krieg am Laufen.
Frage: Sie sagen, die Séléka-Rebellen seien so gut ausgerüstet. Woher haben sie ihre Waffen?
Derenthal: Die Waffen kommen aus dem Tschad, aus dem Sudan und bei uns in Mobaye auch von den Blauhelmsoldaten. Die Blauhelmsoldaten verkaufen oder geben den Rebellen Waffen. Einige Séléka-Rebellen bei uns in Mobaye, einer Pfarrei 100 Kilometer von Alindao entfernt, tragen Uniformen der mauretanischen Blauhelmsoldaten. Die bekommen sie zum Teil geschenkt. Deshalb endet der Krieg bei uns auch nicht. Generell muss man sagen: Die ganze Region der Basse-Kotto im Süden des Landes ist ein einziges Waffenlager. Solange die Rebellen Kalashnikows in der Hand behalten, sehe ich keine Chance für den Frieden. Die Rebellen sind ja kein Militär mit hierarchischen Strukturen, die auf ihren Offizier hören würden. Diese Jungs hauen sich den Kopf mit Drogen voll, lassen sich leicht provozieren. Sie haben auch kein politisches Interesse, sondern einfach ein Interesse am Banditentum.