Frage: Faire Beschaffung der öffentlichen Hand ist in vielen Städten, Kommunen und Bundesländern mittlerweile ein großes Thema – mit Erfolgen und Rückschlägen. Wie weit ist diesbezüglich die Kirche?
Antkowiak: An diesem Thema arbeiten wir schon länger. Gemeinsam mit anderen Werken und Verbänden haben wir einen Beschluss des Zentralkomitees der deutschen Katholiken zur öffentlichen und kirchlichen Beschaffung nach sozialen und ökologischen Kriterien erwirkt. Erfreulich war auch zu hören, dass ein großer Caritas-Stadtverband in all seinen Einrichtungen GEPA-Kaffee ausschenkt. Trotzdem ist noch viel Luft nach oben. Solche Beispiele können aber dazu beitragen, dass andere beginnen, sich mit diesen Fragen auseinanderzusetzen und dem Beispiel zu folgen, hier bleibt auch Misereor „am Ball“.
Frage: Gerd Müller sieht in Nachhaltigkeit den „neuen Megatrend“ und will nachhaltige Produkte in den kommenden Jahren zum Standard machen. Ist das realistisch?
Antkowiak: Ein Beispiel: Im Kakaoforum des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) wird zertifizierter Kakao mit nachhaltigem Kakao gleichgesetzt. Wenn aber die Bodenfruchtbarkeit zurückgeht und ganze Regionen im westlichen Afrika entwaldet werden, um einen angeblich nachhaltigen Kakao für unseren Konsum in Deutschland zu erzeugen, müssen wir uns fragen, ob wir hier wirklich über das Gleiche sprechen? Wir wünschen uns von der Bundesregierung ein klares Bekenntnis zur sozialen und ökologischen Ordnung von Märkten!
Frage: Wann fangen wir an, über den Wert eines Produktes für Mensch und Umwelt zu sprechen, wenn viele doch schon um die eklatanten Menschenrechtsverletzungen im globalen Handel wissen?
Antkowiak: Der Weg vom Wissen zur Einstellung und schließlich zur Änderung des Einkaufsverhaltens ist weit. Greenpeace hat ermitteln lassen, dass über 90 Prozent der jungen Leute über die Ungerechtigkeiten in der Modeindustrie Bescheid wissen, aber nur wenige sich von diesem Wissen bei ihrem Einkauf leiten lassen. Der Faire Handel setzt bei der Bewusstseinsbildung und bei Kaufoptionen an. Er schildert nicht nur Probleme, sondern bietet auch Lösungen an. Wir wollen, dass es gelingt, die Strukturen unfairen Handels mehr und mehr zu verändern. Unsere Erfahrungen ermutigen uns, weiter zu machen.
Das Interview führte Rebecca Struck, Misereor-Pressestelle.
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