Hand beim Einwurf des Wahlzettels in die Wahlurne (Symbolfoto)
Christdemokrat gewinnt Wahl nach zwei Jahrzehnten Sozialismus

Herkulesaufgabe für Boliviens künftigen Präsidenten Rodrigo Paz

La Paz  ‐ Nach schweren Unruhen hat Madagaskar eine neue Führung. Die katholische Kirche des Landes wirbt um Vertrauen. Der wirtschaftliche Aufbau in dem bitterarmen Inselstaat müsse nun Vorrang haben.

Erstellt: 20.10.2025
Aktualisiert: 20.10.2025
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Von Tobias Käufer (KNA)

Unspektakulär und ruhig sind am Sonntag zwei Jahrzehnte Sozialismus in Bolivien zu Ende gegangen. In einer Stichwahl zweier konservativer Kandidaten setzte sich Christdemokrat Rodrigo Paz mit rund 54,5 Prozent gegen den wirtschaftsliberalen Rivalen Jorge Tuto Quiroga durch. Die Sozialisten erlebten bereits im ersten Wahlgang und bei den Kongresswahlen eine politische Implosion und sind nun weitgehend in der Bedeutungslosigkeit verschwunde

Rodrigo Paz wurde 1967 im spanischen Exil geboren und ist Sohn des ehemaligen bolivianischen Präsidenten Jaime Paz Zamora (1989-1993). Er studierte in Washington und ist ausgebildeter Wirtschaftswissenschaftler. In den Parlamentskammern kann Paz auf eine gemeinsame Mehrheit mit der Partei Unidad des ehemaligen Präsidentschaftskandidaten Samuel Doria Medina bauen, sodass Reformvorhaben möglich sind. Der Wahlsieger verspricht einen „Kapitalismus für alle“ – ohne die Armen zu vergessen. In der ersten Ansprache als designierter Präsident schlug Paz einen versöhnlichen Ton an: „Wir müssen unsere Demokratie verteidigen. Wir Bolivianer dürfen keinen Hass säen.“

In einer ersten Reaktion bot US-Außenminister Marco Rubio der künftigen Regierung eine enge Partnerschaft an. Die Vereinigten Staaten seien bereit, mit Bolivien „bei gemeinsamen Prioritäten“ zusammenzuarbeiten. Als Beispiele nannte er die Beendigung illegaler Migration, eine Verbesserung des Marktzugangs für Investoren und die Bekämpfung krimineller Organisationen.

Der noch bis zum 8. November amtierende sozialistische Präsident Luis Arce, der bei seiner Stimmabgabe am Sonntag von lauten Buhrufen begleitet wurde, wünschte seinem Nachfolger „viel Erfolg“. Das Kabinett stehe für einen geordneten Übergang bereit.

KAS: Bolivien steht vor grundlegenden Veränderungen

Ex-Präsident Evo Morales (2006-2019), der wegen eines erbitterten internen Machtkampfes im sozialistischen Lager maßgeblichen Anteil am Bedeutungsverlust der bolivianischen Linken hat, vermied es am Abend, den Wahlsieg von Paz explizit zu erwähnen. Der indigene Ex-Regierungschef stellte aber eine klare Forderung: Paz müsse die ethnische Vielfalt Boliviens anerkennen: „Wir sind vielfältig – und diese Vielfalt, insbesondere die kulturelle Vielfalt, ist der Reichtum unserer Identität, der Reichtum unserer Würde.“ Dies sei auch grundlegend für die Sozialprogramme der Regierung, so Morales. Der Linkspopulist hatte in den vergangenen Monaten selbst langjährigen Weggefährten, die ihn öffentlich kritisierten, Rassismus vorgeworfen.

„Der Andenstaat wendet sich vom Sozialismus ab und einem marktwirtschaftlichen Modell zu“, resümiert Bolivien-Expertin Christina Stolte von der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung in La Paz. „Bolivien steht damit vor sehr grundlegenden Veränderungen in Bezug auf sein politisches und wirtschaftliches System, um nicht zu sagen, vor einer Neudefinition seiner politischen Identität nach 20 Jahren Sozialismus“, so Stolte. Es sei davon auszugehen, dass sich das südamerikanische Land wieder stärker für Handel und privatwirtschaftliche Investitionen öffnen werde. Paz wolle die Wirtschaft ankurbeln.

Außenpolitisch dürfte die neue Regierung ebenfalls einen Kurswechsel vollziehen. Die Sozialisten unter Morales und Arce hatten eine dezidiert USA-feindliche Linie verfolgt und den Schulterschluss mit den drei Linksdiktaturen Kuba, Nicaragua und Venezuela geübt. Auch zu Russland, China und zum Iran wurden die Beziehungen ausgebaut. Die krachende Wahlniederlage konnte so aber nicht verhindert werden.

Die Sozialisten scheitern nicht zuletzt am bisher unerfüllten Versprechen, dass das Land von seinem Rohstoffreichtum – unter anderem enorme Lithium-Vorkommen – profitieren werde. Auch das soll sich unter Paz ändern.

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