Friedensgutachten: Um den Frieden ist es gegenwärtig schlecht bestellt
Berlin/Bonn ‐ Kriege und Konflikte haben weltweit zugenommen. Mit Sorgen blicken Friedensforscher aus vier renommierten Instituten auf Russland und die USA. Aber auch auf eine humanitäre Katastrophe in Afrika und den Zustand der europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik.
Aktualisiert: 03.06.2025
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Im vergangenen Jahr waren mehr als 122 Millionen Menschen auf der Flucht vor Krieg und Gewalt. Damit habe sich das globale Konfliktgeschehen 2024 weiter verschärft, heißt es in dem am Montag in Berlin vorgestellten Friedensgutachten. Der Krieg im Gazastreifen kostete demnach mehr als 53.000 Menschen das Leben und führte zu großflächigen Zerstörungen. Der völkerrechtswidrige Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine destabilisiere Europa.
Im afrikanischen Sudan herrsche unterdessen aufgrund von kriegerischen Auseinandersetzungen die weltweit größte humanitäre Katastrophe. Seit Kriegsbeginn im April 2023 seien mindestens 125.000 Menschen gestorben. Über 24 Millionen Menschen sind den Angaben zufolge von akutem Hunger bedroht, mehr als 12 Millionen Menschen mussten ihre Heimat verlassen.
Verantwortlich für das Friedensgutachten mit dem Titel „Frieden retten!“ zeichnen das Internationale Zentrum für Konfliktforschung Bonn BICC, das Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik an der Universität Hamburg (IFSH), das Institut für Entwicklung und Frieden der Universität Duisburg-Essen (INEF) und das Leibniz-Instituts für Friedens- und Konfliktforschung (PRIF).
Mit Blick auf die USA halten die Experten fest, das Land bewege sich unter Präsident Donald Trump in Richtung Autokratie und falle als globaler Stabilitätsanker aus. Eine Polarisierung zwischen dem demokratischen Westen und einer autoritären Allianz um China und Russland schwäche zudem internationale Institutionen und erhöhe Konfliktpotenziale.
Möglichkeiten der Rüstungskontrolle ausloten
Der BICC-Experte Marc von Boemcken rief Politiker in Europa dazu auf, trotz allem nicht allein auf militärische Lösungen zu setzen. „Ein Wettrüsten gegen Russland wird uns nicht sicherer, sondern eher unsicherer machen, das klassische Sicherheitsdilemma“, gab er zu bedenken. „Es gilt bereits jetzt darüber nachzudenken, wie eine neue europäische Friedensordnung aussehen könnte – auch wenn diese noch weit in der Zukunft liegt.“ Dazu gehöre, mit Russland im Gespräch zu bleiben und etwa Möglichkeiten der Rüstungskontrolle auszuloten.
Prognosen, wonach das Land spätestens 2029 zumindest theoretisch in der Lage sei, einen Angriff auf einen anderen europäischen Staat auszuführen, sieht der Experte kritisch. Er kenne keine seriöse Studie, die auf der Grundlage einer nüchternen und sachlichen Analyse der Fähigkeiten beider Seiten einen möglichen russischen Angriff in vier Jahren prognostiziere.
Natürlich müsse Europa die von Russland ausgehende militärische Bedrohung ernst nehmen, so von Boemcken weiter. Dafür brauche Europa die Fähigkeiten, um einen solchen Angriff wirksam abschrecken und zur Not auch abwehren zu können. „Wir dürfen aber auch nicht in einen Panikmodus verfallen, der unsere Sicht auf die Dinge verengt, allein militärische Handlungsoptionen in den Blick nimmt, nach grenzenloser Aufrüstung ruft und damit womöglich einer gefährlichen Eskalationsdynamik Vorschub leistet.“
KNA

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