100 Tage Übergangsregierung in Bangladesch
Dhaka ‐ Nach dem Sturz der Regierung im August soll die Verfassung des überwiegend islamischen Bangladesch demokratischer werden. Die Kirche und andere Minderheitsreligionen sind bisher nicht in den Reformprozess einbezogen.
Aktualisiert: 19.11.2024
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Bangladeschs Interimsregierungschef Muhammad Yunus hat das Land um „Geduld“ bei der Organisation und Durchführung von Neuwahlen gebeten. Yunus versprach, „innerhalb weniger Tage“ werde eine Wahlkommission gebildet, aber er könne noch keinen Zeitrahmen für die Wahlen nennen, berichtete das Nachrichtenportal Dhaka Tribune über die vom Fernsehen übertragene Rede. „Unser Ziel ist es, ein Wahlsystem aufzubauen, das Jahrzehnte Bestand haben wird. Dafür brauchen wir etwas Zeit“, betonte Yunus.
Die Konsensbildung über wichtige Reformen nach den Wahlen könne indes zusätzliche Zeit in Anspruch nehmen. „Einige Reformen könnten parallel zu den Wahlvorbereitungen stattfinden“, sagte Yunus. „Für notwendige Reformen könnten die Wahlen auch um einige Monate verschoben werden.“
Thomas Kean, Analyst bei der Crisis Group, bezeichnete die Herausforderungen, vor der Yunus steht, als „monumental“. In ihrem Report „Eine neue Ära in Bangladesch? Die ersten hundert Tage der Reform“ heißt es, nach 15 Jahren habe Bangladesch „die einmalige Chance, seine Regierungsführung zu verbessern und Kontrollen einzuführen, die die Entstehung eines weiteren autokratischen Regimes verhindern würde“.
Derzeit genießen Yunus und seine Kollegen breite Unterstützung. Die Experten der Crisis Group warnen aber auch: „Sollte die Übergangsregierung ins Wanken geraten, könnte das Land zum Status quo ante zurückkehren oder sogar in eine Militärherrschaft eintreten.“
In seiner Rede betonte Yunus auch die Entschlossenheit, die Verantwortlichen für die Niederschlagung der Proteste gegen die Regierung der gestürzten Premierministerin Sheikh Hasina vor Gericht zu stellen. Gegen Hasina wurde ein Haftbefehl wegen Mordes und Verbrechen gegen die Menschlichkeit erlassen; für den kommenden Montag wurde ihr Erscheinen vor einem Gericht in Dhaka angeordnet. In Bangladesch geht jedoch niemand davon aus, dass die seit ihrem Sturz im Exil lebende Hasina der Vorladung folgen wird.
Der 84-jährige Friedensnobelpreisträger Yunus wurde am 9. August, wenige Tage nach dem Studentenaufstand, der die Herrschaft von Hasina beendete, zum „Chefberater“ der Übergangsregierung ernannt. Der Pionier von Mikrokrediten für Arme hatte die Wiederherstellung demokratischer Institutionen in dem südasiatischen Land mit rund 170 Millionen Einwohnern bei seinem Amtsantritt als „extrem schwierig“ bezeichnet.
KNA