Franziskus auf schwieriger Mission in Luxemburg und Belgien
Kontroversenreicher Drahtseilakt im Herzen Europas

Franziskus auf schwieriger Mission in Luxemburg und Belgien

Brüssel  ‐ Nicht einmal vier volle Tage hielt sich Franziskus in Luxemburg und Belgien auf, doch verlangte ihm der Ausflug ins Herz Europas vollen Einsatz ab. Neben viel Herzlichkeit erfuhr er auch heftigen Gegenwind.

Erstellt: 30.09.2024
Aktualisiert: 30.09.2024
Lesedauer: 
Von Sabine Kleyboldt (KNA)

Mit einem großen Gottesdienst ist die 46. Auslandsreise von Papst Franziskus am Sonntag in Brüssel zu Ende gegangen. Vor rund 40.000 Menschen im König-Baudoin-Stadion nahm er die Seligsprechung einer spanischen Ordensfrau vor, predigte über die Bedeutung der Frau als Stütze der Kirche und die Schande des Missbrauchs, bevor er mit dem Papamobil, winkend, lachend und segnend, durch die begeisterte Menge fuhr.

Verglichen mit der fast zweiwöchigen Mammut-Tour Anfang September in den Asien-Pazifikraum war Luxemburg und Belgien für Franziskus eine Stippvisite. Dennoch war es kirchenpolitisch eine der schwierigsten Missionen seiner Amtszeit.

Von vorneherein standen schwierige Themen wie die Missbrauchskrise vor allem in Belgien auf dem Programm – und die in beiden Ländern schwindenden Katholikenzahlen. In Brüssel sah sich der Papst gleich zu Anfang mit ungewohnt scharfen Worten von König Philippe und Premierminister Alexander De Croo konfrontiert. Darauf wich er vom Redemanuskript ab und äußerte sichtlich tief empfundene Worte der Scham über Verbrechen in der Kirche. Später an den beiden Universitäten von Löwen prallten dann entgegengesetzte Auffassungen zum Thema Geschlechterrollen zwischen dem alten Papst und einer jungen akademischen Katholiken-Generation heftig aufeinander.

Begonnen hatte der Papst seine Reise in der Finanzmetropole Luxemburg, wo er von Premier Luc Frieden und Großherzog Henri samt seiner 15-köpfigen Großfamilie zusammentraf. Im EU-Gründungsland erinnerte der Papst Europa an seine angestammten Werte wie den Einsatz für frieden, Migranten und sozial Benachteiligte. Bei einer Begegnung mit den Katholiken des Landes ging es ihm um die Stärkung der kleinen Kirche, die eine Trennung von Staat und Kirche und den freiwilligen Verzicht auf Privilegien verkraften muss.

Empfangen wurde der Papst dort von Luxemburgs Kardinal Jean-Claude Hollerich, den er beim Reformprojekt Weltsynode mit einer wichtigen Rolle betraut. Hollerichs Nähe zum Papst wie auch der offiziellen Einladung durch den Großherzog war das Zustandekommen der Reise zu verdanken – während Deutschland weiterhin nicht auf Franziskus' Reiseplan steht.

Anlass des Papstbesuchs in Belgien, das der Papst aus früheren Zeiten gut kennt, war der 600. Geburtstag der Universität Löwen 2025, eine der ältesten und bedeutendsten Hochschulen Europas. Da sie im Zuge des belgischen Sprachenstreits geteilt wurde, hatte Franziskus gleich zwei Auftritte in der akademischen Welt.

In der altehrwürdigen flämischen Katholieke Universiteit Leuven stellte Rektor Luc Sels die Frage, ob eine Kirche, in der Frauen Priesterinnen werden dürfen, nicht eine freundlichere Kirche wäre. Und im modernen Betonbau der wallonischen Universite Catholique Louvain-la-Neuve, wo der Papst begeistert empfangen wurde, hatten Studierende einen flammenden Appell zum selben Thema verfasst, den eine Schauspielerin in der Aula Magna vortrug.

Gelobt wurde das Umweltengagement des Papstes, während seine These, Frauen seien vor allem durch Eigenschaften wie Mütterlichkeit und Hingabe gekennzeichnet, auf krasse Ablehnung stieß. In seiner Replik untermauerte das Kirchenoberhaupt noch; die Kirche sei weiblich, deshalb seien Frauen wichtiger als Männer, aber wenn sie sich zu Männern machen wollten, sei das „hässlich“.

Der Beifall für seine Rede fiel deutlich verhaltener aus, während ihm bei seiner Fahrt über das Unigelände im offenen Elektromobil Hunderte begeistert zujubelten. Auf menschlicher Ebene kann der Argentinier die Herzen erobern; dass er sich allerdings je eine andere Sichtweise auf Geschlechterrollen zu eigen machen wird, scheint eher unwahrscheinlich.

Gleich nach seiner Rede veröffentlichte die Universität eine Protestnote, in der sie sich von seinen Aussagen distanzierte; ein Vorgehen, das Franziskus am nächsten Tag vor Journalisten auf dem Flug nach Rom – der übrigens von einer Pilotin gesteuert wurde – als „unfair“ bezeichnete, weil der Protest noch während seiner Rede verfasst worden sei.

Eine weitere Ausführung des Papstes in dieser „fliegenden Pressekonferenz“ sorgte schon bald nach der Landung für Wirbel. Wie schon häufiger hatte Franziskus zum Thema Abtreibung gesprochen und wiederholt, dass aus seiner Sicht Abtreibung Mord ist. „Es wird ein menschliches Wesen getötet, und das ist Mord“, erklärte er. Ärzte, die so etwas machten, seien daher „Auftragsmörder“.

Mehr zum Thema