Stacheldraht im Dschungel
Panama-Stadt ‐ Es ist eine der gefährlichsten Migrationsrouten der Welt. Die Flucht durch die Region Darien in Richtung USA gilt als lebensgefährlich. Panama will den Korridor nun dichtmachen; Nachbarstaaten sind skeptisch – und die Fluchtursachen bleiben bestehen.
Aktualisiert: 19.07.2024
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Es war eine der zentralen Wahlkampfankündigungen des neuen Präsidenten Jose Raul Mulino; nun beginnt das mittelamerikanische Land Panama mit der Umsetzung. Die irreguläre Migration aus Lateinamerika über die Landverbindung Darien - die geografische Schnittstelle von Mittel- und Südamerika soll eingedämmt werden. Die neue Regierung macht Ernst und riegelt die Übergangspunkte ab.
Wie die Tageszeitung „La Estrella“ in dieser Woche berichtete, sind mindestens 4,7 Kilometer, an denen es fünf von Migranten genutzte Übergänge gibt, von der Grenzpolizei mit Stacheldraht eingezäunt worden. Damit solle erreicht werden, dass „der Strom der Durchreisenden, die den gefährlichen Dschungel auf ihrem Weg in die Vereinigten Staaten durchqueren, kanalisiert wird“, teilten die Behörden Panamas mit.
Jorge Gobea, Direktor der nationalen Grenzbehörde Senafront, sagte bei einer Pressekonferenz, die nun eingezäunten Übergänge würden von der organisierten Kriminalität zur Beförderung von Migranten genutzt. Es seien jedoch nicht die einzigen: An der 266 Kilometer langen Grenze zwischen Kolumbien und Panama befänden sich zahlreiche unerlaubte Grenzübergänge, die nun mit den „Perimeter Barriers“ geschlossen würden. Neben den neuen Stacheldrahtzäunen inmitten der Wildnis seien mehr als sieben Boote im Einsatz, die eine Küstenblockade bildeten. Mehr als 25 Patrouillen seien überdies zu Fuß unterwegs.
Der Darien-Dschungel ist ein Urwaldgebiet, das sich über Kolumbien und Panama erstreckt. Jährlich durchqueren Hunderttausende Migranten das Gelände gen Norden, insbesondere in Richtung USA. Die Route gilt als eine der gefährlichsten Fluchtrouten Lateinamerikas, weil sich die Migranten dort mehrere Tage in einem nahezu komplett rechtsfreien Raum befinden, weil es weder Sicherheitskräfte noch Infrastruktur gibt. Stattdessen haben kriminelle Banden die Kontrolle übernommen. Insbesondere Frauen und Mädchen werden dort immer wieder Opfer sexueller Gewalt oder werden sogar für die Zwangsprostitution abgefangen.
Die Reaktionen auf Panamas strikten Kurs fallen unterschiedlich aus. Kolumbiens Präsident Gustavo Petro etwa warnt, dass Flüchtlinge und Migranten wegen der Abriegelung auf noch gefährlichere Routen ausweichen könnten.
Panama wiederum rief andere Länder dazu auf, bei der Bekämpfung der illegalen Einwanderung mitzuhelfen. „Solange die Krisen in den Ländern, die irreguläre Migration verursachen, nicht gelöst sind, werden wir die Situation nicht verbessern können“, sagte Außenminister Carlos Guevara Mann. Panamas Position zur Migrationskrise im Darien sei klar. „Panama lehnt irreguläre Migration ab. Sie schafft Probleme für die Migranten selbst und für unser Land.“
Die meisten Betroffenen kommen derzeit aus Venezuela und Kuba. In Venezuela wird am 28. Juli gewählt. Sollte die amtierende linksautoritäre Regierung von Präsident Nicolas Maduro eine Niederlage nicht akzeptieren wollen, werde es eine neue Migrationswelle von Millionen Menschen geben, sagte Oppositionspolitikerin Maria Corina Machado. Bislang haben bereits rund acht Millionen Menschen das Land verlassen.
Brasilien und Kolumbien - wo heute schon viele der insgesamt acht Millionen Venezolaner leben, die vor dem Regime geflüchtet sind - befürchten einen erneuten Exodus aus Venezuela. „Drei bis vier Millionen Menschen sitzen in Venezuela auf gepackten Koffern“, sagt Experte Thomas Wieland vom Lateinamerika-Hilfswerk Adveniat.