Teure Schokohasen zu Ostern
Bonn ‐ Da vergeht dem Hasen das Schmunzeln – Kakaobohnen werden derzeit so teuer gehandelt wie lange nicht mehr. Vor Ostern treibt das die Preise für beliebte Schokoprodukte hoch. Wie viel davon bekommen die Kakaobauern ab?
Aktualisiert: 20.03.2024
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Gas, Heizöl, Weizen – viel wurde seit dem Angriff Russlands auf die Ukraine über Teuerungen für zentrale Bestandteile unserer Grundversorgung gesprochen. Etwas dahinter verborgen vollzog sich in dieser Zeit aber die Preissteigerung eines Nahrungsmittels, die alle anderen übertrumpft: Kakao. Nach Angaben der Internationalen Kakao-Organisation ICCO liegt der Preis für eine Tonne Kakaobohnen inzwischen bei über 5.800 Euro – zur gleichen Zeit im Vorjahr war die Tonne noch rund 2.400 Euro wert. Und der Trend zeigt auch weiterhin nach oben.
Im Vorfeld des Osterfestes, wenn vielerorts wieder kleine Nester mit bunten Schokoeiern und -hasen aufgestellt werden, sorgt die Teuerung beim Kakao für viele sorgenvolle Blicke. Zumindest teilweise gibt es eine Entwarnung: Schokolade die derzeit im Handel verkauft wird, wurde mit Kontrakten im vergangenen Jahr gekauft, von der aktuellen Preisexplosion bei den Kakaobohnen ist sie also noch nicht unmittelbar betroffen. Da jedoch ein Ende der Entwicklung noch nicht absehbar ist, sind weitere Preiserhöhungen für Schokoladenprodukte zu befürchten.
Vor allem zwei Entwicklungen sind für den rapiden Preisanstieg verantwortlich. Zum einen haben mehrere Missernten in Folge in Ghana und der Elfenbeinküste die Produktion stark vermindert. In den beiden afrikanischen Staaten werden fast zwei Drittel der weltweiten Gesamternte an Kakaobohnen eingefahren.
Gleichzeitig ist weltweit die Nachfrage gestiegen. Zwar wird pro Kopf immer noch am meisten in der Schweiz und in Deutschland verzehrt. Aber Asien holt auf. Malaysia, Indonesien, aber auch die Volksrepublik China importieren zunehmend Schokolade. Die wachsende Konkurrenz auf dem Markt heizt die Preise weiter an.
Produktionssteigerungen auf Kosten der Böden
Doch könnten davon dann nicht zumindest die Kakaobäuerinnen und -bauern in Afrika profitieren? Tatsächlich funktioniert das so einfach nicht, denn sowohl in Ghana als auch in der Elfenbeinküste regelt ein Kartell mit Festpreisen für die Kakaobohnen den Abkauf bei den Produzenten, unabhängig vom Weltmarkt. „Für den Staat und die Eliten bedeuten hohe Weltmarktpreise gute Einnahmen und das kann sich auch stabilisierend auf die Gesamtwirtschaft auswirken. Bei den Produzenten kommt von der Preiserhöhung aber zunächst nichts an“, erklärt der Misereor-Fairhandelsexperte Wilfried Wunden.
Die Preise für Kakao seien über Jahre viel zu niedrig gewesen. So hätten Kakaobauern in der Elfenbeinküste im Jahr 2020 durchschnittlich 2.130 Euro verdient - der geschätzte existenzsichernde Lohn im Land habe aber bei umgerechnet 5.500 Euro pro Jahr gelegen. Dadurch sei ein enormer Druck entstanden, sagt Wunden, mit gravierenden Folgen für Mensch und Umwelt: „Der ganze Sektor hat sich auf Produktionssteigerungen konzentriert, zu Lasten von Böden, ökologischer Waldnutzung und der Gesundheit der ländlichen Bevölkerung.“
Der Mix aus Missernten, gestiegene Nachfragen und Spekulationen habe dann zu der jetzigen Preisexplosion geführt. Wobei die Problematik für die Produzenten dem Experten zufolge absehbar nicht in den hohen Preise an sich liegt, sondern in deren extremen Ausschlag. Zwar schade dieser zunächst nur den Handleskooperativen vor Ort, die die Lieferverträge mit den Produzenten haben. Doch der große Anreiz für die Menschen, nun komplett auf den vermeintlich rentablen Kakaoanbau umzusteigen, birgt ebenfalls ein großes Risiko, erklärt der Experte. „Wir sehen ja, wie die Preise schwanken.“
Perspektivisch braucht es nach Meinung von Wunden einen Kakaopreis, der sich auf einem Niveau einpendelt, das nah an Produktions- und Lebenskosten der Erzeuger liegt, auch wenn dies durch den Markt kaum gedeckt werden würde. Der Experte wirbt deswegen für den Fairen Handel. „Er ermöglicht einen planbaren wirtschaftlichen Rahmen für einen vielfältigen Anbau mit weniger externen Abhängigkeiten. Er schafft eine soziale Absicherung und trägt zum Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen bei.“ Zwar ist der fair gehandelte Schokohase im Markt derzeit noch etwas teurer. Für die Zukunft der Kakaoproduktion leistet er aber einen Beitrag.