Luis Alvarado, Röstmeister beim GEPA-Kaffeepartner FEDECOCAGUA in Guatemala, zeigt eine Kaffeeverpackung und steht vor der Röstmaschine.
In Deutschland rund sechs Prozent Marktanteil

50 Jahre fair gehandelter Kaffee

Wuppertal/Aachen ‐ Der fair gehandelte Kaffee feiert in diesem Monat in Deutschland ein rundes Jubiläum: Vor 50 Jahren, am 21. September 1973, wurde die erste Charge aus Guatemala von einem Lager in Frankfurt an die Kundschaft ausgeliefert.

Erstellt: 16.09.2023
Aktualisiert: 14.09.2023
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Initiator des Ganzen war ein Bildungsreferent des katholischen Werks für Entwicklungszusammenarbeit Misereor, der die Ware in Aachen über die niederländische Stiftung S.O.S. bezogen hatte.

Damit wurde gleichzeitig die Saat gelegt für die erfolgreiche Weiterentwicklung des Fairen Handels. Es entstanden nach und nach immer mehr „Dritte-Welt-Läden“ – heute „Weltläden“ – und andere Ehrenamtsinitiativen, die neben Kaffee eine Vielzahl weiterer Produkte verkaufen, und zwar zu Preisen, mit denen man deren Erzeuger auf „ehrliche Weise“ entlohnen kann, wie es in den Pionierzeiten formuliert wurde. Existenzsichernd sollten diese Preise sein, das heißt so hoch, dass Bäuerinnen und Bauern nicht nur ihre Kosten decken und ihre Familien ernähren, sondern auch in eine nachhaltige Zukunft investieren können. 

Der Faire Handel professionalisierte sich innerhalb weniger Jahre in rasantem Tempo – erkennbar auch an der schon 1975 erfolgten Gründung des Fair Handelsunternehmens GEPA, zu dessen Trägerorganisationen unter anderem Misereor gehört. Denn die Weltläden initiierten einen deutschen Importeur, nachdem sie den damals sogenannten „Indio-Kaffee“ zunächst über S.O.S. Wereldhandel, die heutige niederländische Fair Handelsorganisation FTO, bezogen hatten.

45 Prozent des Gepa-Umsatzes

Bei der GEPA ist Kaffee bis heute eines der Hauptprodukte. Etwa 45 Prozent seines Umsatzes macht das Unternehmen mit dem Verkauf der fair gehandelten Bohnen, die es mittlerweile in einer sehr vielfältigen Produktpalette gibt. Schon 1969 hatte Misereor die Gründung der Kaffeekooperative FEDECOCAGUA in Guatemala maßgeblich unterstützt – die mittlerweile der größte Dachverband der Kaffee-Produzenten des mittelamerikanischen Landes ist.

Bei aller Freude darüber, dass fair gehandelter Kaffee inzwischen ein weithin bekanntes Produkt ist, das auch in die meisten Supermärkte Einzug gehalten hat, ziehen die GEPA und Misereor eine gemischte Bilanz. Denn noch immer hat fairer Kaffee in Deutschland einen Marktanteil von lediglich rund sechs Prozent. Im Vergleich: Im Nachbarland Schweiz liegt der Marktanteil fair gehandelten Kaffees bei fast 16 Prozent. Die meisten Verbraucherinnen und Verbraucher in Deutschland bevorzugen bislang herkömmliche Produkte, bei denen aktuell pro amerikanisches Pfund (454 Gramm) Arabica-Kaffee kaum mehr als 1,50 US-Dollar gezahlt wird.

Großverbraucher machen den Unterschied

Demgegenüber garantiert der Faire-Handel den Kaffeebäuerinnen und -bauern einen Mindestpreis von 1,80 Dollar. „Der  vergleichsweise geringe Preisunterschied bedeutet für Kleinbäuerinnen und Kleinbauern dennoch ein Sicherheitsnetz, mit dem der Faire Handel alleine steht auf dem Markt der zahlreichen Nachhaltigkeitsinitiativen“, betont Annette Ptassek, die als Geschäftsführerin von Misereor für den Fairen Handel zuständig ist. „Echten Fairen Handel gibt es nicht ohne einen Preis, der mindestens die Kosten deckt. Daher appelliert Misereor an die Konsumentinnen und Konsumenten: Entscheiden Sie sich für den echten Fairen Handel!“

Wilfried Wunden, Referent für Fairen Handel bei Misereor, ergänzt: „Auch nach 50 Jahren beruht der Erfolg der Kaffeewirtschaft in Europa auf der Ausbeutung von Menschen, die am Anfang der Lieferkette stehen. Gleichzeitig liegt das Problem zum Beispiel dort, wo Kaffee in großen Mengen getrunken wird: in Betriebskantinen, an Automaten von Raststätten oder auch in Krankenhäusern. Gerade dort sollte konsequent auf fairen Kaffee umgestellt werden.“

weltkirche.de/GEPA

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