Umgestürztes Denkmal für die Opfer von Deutschlands erstem Konzentrationslager in Deutsch-Südwestafrika auf der Halbinsel "Shark Island" bei Lüderitz (Namibia) am 24. Februar 2024.
Erinnerung an deutsche Verbrechen

Kolonial-Mahnmal in Namibia kurz nach Enthüllung zerstört

Lüderitz ‐ Mit großer Anteilnahme der internationalen Presse ist im vergangenen Jahr ein Denkmal für die Opfer der deutschen Kolonialherrschaft in Namibia enthüllt worden. Inzwischen sind davon nur noch Trümmer übrig.

Erstellt: 28.02.2024
Aktualisiert: 28.02.2024
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Ein Denkmal in Namibia für die Opfer von Deutschlands erstem Konzentrationslager liegt nur wenige Monate nach seiner feierlichen Enthüllung zerstört am Boden. Der etwa 3,50 Meter lange und 1,5 Tonnen schwere Gedenkstein sollte auf der Halbinsel Shark Island an die Gräueltaten der damaligen deutschen Kolonialmacht erinnern. Sie hatte einst Tausende Menschen der Nama- und Herero-Völker dort interniert und qualvoll dahinvegetieren lassen, nachdem deutsche Truppen einen Aufstand blutig niedergeschlagen hatten.

Das Denkmal sei schon vor einigen Monaten von heftigen Windböen aus der Beton-Verankerung gerissen worden, erklärte eine Mitarbeiterin auf der auch als Campingplatz genutzten Gedenkstätte. Es sei in zahlreiche Teile zerbrochen. Unklar sei noch, was mit dem Sockel geschehen soll, der nun weitgehend unbeachtet in direkter Nachbarschaft der Campinggäste liegt.

Das zuständige Polizeikommissariat in der benachbarten Hafenstadt Lüderitz hatte schon vor Wochen in einem TV-Interview Vandalismus ausgeschlossen und den Wind als Ursache genannt. Die am Atlantik gelegene Region wird in der Tat regelmäßig von extrem starkem Wind geplagt. Ein Vertreter der Nama-Traditionsgesellschaft sprach von einem traurigen Ereignis. „Ich bin versucht zu glauben, dass dieses unglückliche Ereignis eine besondere Botschaft aussendet“, erklärte Nama-Vertreter Gaob Johannes Isaack nach dem Unglück im namibischen Fernsehen.

Deutsches Reich war Kolonialmacht

Der mit Unterstützung der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) gefertigte massive Gedenkstein war im April vergangenen Jahres unter großer medialer Begleitung als Ort der Erinnerung errichtet worden. Auch in Deutschland wurde ausführlich über die dreitägige Gedenkveranstaltung berichtet. Rund 2.000 Angehörige der Opfer erschienen in feierlicher Tracht, um ihre einst brutal ums Leben gekommenen Angehörigen zu würdigen. Von den unter menschenunwürdigen Umständen internierten Männern, Frauen und Kindern waren damals rund 80 Prozent nach gerade mal einem halben Jahr tot.

In einer 2021 paraphierten „Gemeinsamen Erklärung“ verständigten sich Deutschland und Namibia darauf, die Kämpfe gegen die Herero und Nama „aus heutiger Perspektive“ als Völkermord zu bezeichnen. In den nächsten 30 Jahren sollen rund 1,1 Milliarden Euro in Wiederaufbau- und Entwicklungsprojekte in Namibia fließen. Bislang allerdings fehlt die Zustimmung des namibischen Parlaments. Ein Grund ist, dass es in dem südafrikanischen Land heftige Debatte über das Zustandekommen der Erklärung gibt.

Der von deutscher Seite als Chef-Unterhändler beauftragte CDU-Politiker Ruprecht Polenz spricht sich weiterhin für eine Aussöhnung mit staatlicher Unterstützung aus, meint aber: „Der Ball liegt jetzt in Windhuk.“ Auch die Gedenkstätte auf Shark Island könnte bei einem Inkrafttreten des Abkommens finanziell gefördert werden. Polenz dazu: „In der Joint Declaration ist ja festgelegt, dass die Erinnerungskultur über eine noch zu gründende deutsch-namibische Stiftung gefördert werden soll.“ Polenz erhofft sich vom Namibia-Besuch des deutschen Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier am Wochenende einen neuen Impuls für die bilateralen Beziehungen: „Steinmeiers Reise nach Windhuk war ein sehr gutes Signal“, so der Unterhändler.

Das Deutsche Reich war zwischen 1884 und 1915 Kolonialmacht im heutigen Namibia.

KNA

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