Karte von Afrika aus dem Jahr 1899 am 27. Mai 2021 in Bonn. Die Kolonien der europäischen Länder sind farblich markiert.
140. Jahrestag des Beginns der Berliner „Kongo-Konferenz“

Justitia et Pax fordert Erinnerungsort an Kolonialzeit

Berlin ‐ Es soll keine deutsche Gedenklösung mit Goldrand werden: Erzbischof Bentz wünscht sich in Berlin einen angemessenen Erinnerungsort an die Kolonisierung Afrikas. Wie der aussehen soll? Das sollen Afrikaner mitentwickeln.

Erstellt: 15.11.2024
Aktualisiert: 15.11.2024
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Der Paderborner katholische Erzbischof Udo Markus Bentz wünscht sich in Berlin einen angemessenen Ort des Gedenkens an die Kolonisierung des afrikanischen Kontinents. Das sagte er der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) am Freitag – 140 Jahre nach der Berliner Konferenz („Kongo-Konferenz“), bei der europäische Großmächte die Aufteilung und Kolonisierung des afrikanischen Kontinents verabschiedet hatten. Der Vorsitzende der Deutschen Kommission Justitia et Pax (Gerechtigkeit und Frieden) mahnte eine neue Erinnerungskultur an.

Bentz erneuerte die Forderung nach einer Umgestaltung am historischen Veranstaltungsort der Konferenz in der Berliner Wilhelmstraße 92. Dort weise aktuell nur eine kleine Tafel auf die historischen Geschehnisse hin. „Der Bedeutung der Berliner Konferenz für Afrika und das europäische Verhältnis zu Afrika wird die jetzige Gestaltung des Ortes nicht annähernd gerecht.“

Dieser Eindruck verstärke sich noch, wenn man die Wilhelmstraße 92 mit dem Humboldt-Forum im Berliner Schloss vergleiche, so Bentz. Er ergänzte: „Im Humboldt-Forum sehen wir einen Ort des Diskurses, des klugen Streits und der Begegnung mit viel öffentlicher Aufmerksamkeit. In der Wilhelmstraße 92, dem Symbol für die politische Verantwortung für das Unrecht an afrikanischen Menschen vor allem durch Europäer, ist diese Bedeutung aber fast zum Verschwinden gebracht.“ Der Ort markiere eine „prekäre Leerstelle in unserer Erinnerung“. Das müsse sich ändern: „Es ist eine Frage des Respekts und der politischen Klugheit. Heilung braucht Wahrhaftigkeit. Nur so können neue Beziehungen wachsen“, sagte Bentz.

Willkürliche Grenzziehungen

Vor 140 Jahren hatten europäische Großmächte auf Einladung von Reichskanzler Otto von Bismarck in Berlin getagt, ohne dass Afrikanerinnen und Afrikaner beteiligt waren. Die Weiterentwicklung des Orts bietet laut Bentz nun Gelegenheit, gemeinsam mit Vertretern und Vertreterinnen der afrikanischen Staaten und Gesellschaften sowie der afrikanischen Diaspora neue Ideen zu entwickeln und eine andere Art des Umgangs praktisch einzuüben.

Dabei werde es auf einen inklusiven Prozess ankommen. „Eine rein deutsche ‚Gedenklösung‘ mit Goldrand wäre grundfalsch.“ Der Erzbischof schlug vor, das Auswärtige Amt könne gemeinsam mit der Kulturstaatsministerin als Teil der deutschen Verantwortung die afrikanischen und europäischen Partner zu einem solchen Prozess einladen. So könne ein Ort des Gedenkens, der Begegnung und des kritischen Dialogs entstehen.

Der Erzbischof von Paderborn betonte, dabei gehe es nicht um eine rückwärtsgewandte Haltung: „Erst in der historischen Perspektive gewinnen wir das richtige Maß.“ Er ergänzte: „Es geht um Verstehenlernen für die Zukunft und nicht zuletzt um den menschlichen Respekt vor den Opfern.“

Die Deutsche Kommission Justitia et Pax, der Bentz vorsteht, fordert zudem, das historische Unrecht anzuerkennen und den Opfern des Kolonialismus zu erweisen. „Unter einem fadenscheinigen humanitären Deckmantel ging es um wirtschaftliche und geopolitische Interessen, um Frieden zwischen den europäischen Großmächten und Wohlstand in Europa“, heißt es in einer Erklärung der Organisation. Die Berliner Konferenz leitete den Prozess der verstärkten europäischen Kolonisierung Afrikas ein und legitimierte die Aufteilung des Kontinents.

Viele bis heute existierende Grenzziehungen in Afrika gehen auf die Berliner Konferenz zurück. Über Jahrhunderte gewachsene politisch-kulturelle Identitäten afrikanischer Gesellschaften wurden dabei weitgehend ausgeblendet.

KNA/weltkirche.de

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