Karte des Grenzgebietes von Türkei und Syrien. Hervorgehoben ist Aleppo und Gaziantep.
Anschlag auf Istanbuler Kirche schürt Besorgnis

Bischof: In der Türkei wächst die Feindseligkeit gegen Christen

Istanbul ‐ Der Angriff auf eine Kirche in Istanbul lässt unter den Christen in der Türkei Ängste um ihre Sicherheit aufkommen. Ein katholischer Bischof beschreibt die Stimmung im Land als aufgeladen.

Erstellt: 29.01.2024
Aktualisiert: 29.01.2024
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Nach dem Anschlag auf eine Kirche in Istanbul beklagt der dortige Repräsentant der Katholiken eine gestiegene Christenfeindlichkeit in der Türkei. Insgesamt herrsche in dem islamischen Land seit dem Terrorangriff der Hamas gegen Israel und dem Beginn des Gaza-Kriegs ein „Klima wachsender Feindseligkeit gegenüber dem Westen im Allgemeinen und folglich auch gegenüber dem Christentum“, sagte der Apostolische Vikar Massimiliano Palinuro dem Portal „Asianews“ (Montag). In der katholischen Gemeinde Istanbuls machten sich Spannung und Angst breit, so der Bischof.

Als weiteren möglichen Treiber einer antichristlichen Stimmung in der Türkei sieht Palinuro die „Islamophobie“ im Westen. Koranverbrennungen in Westeuropa seien dort nur mediale Randnotizen, hätten in islamischen Ländern jedoch enorme Resonanz, erhitzten die Gemüter und schüfen Feindseligkeiten. In der Türkei leben nach Schätzungen etwa 100.000 Christen.

Der Angriff auf die Istanbuler Kirche wirft nach den Worten des Bischofs „Fragen über die Zukunft der christlichen Präsenz im Land“ auf. Die bisher gesammelten Zeugenaussagen, Videos und Bekenntnisse deuteten auf einen „islamistischen Terrorakt“, wobei man die genauen Ermittlungsergebnisse noch abwarten müsse, sagte Palinuro.

Blutiger Angriff auf Istanbuler Kirche: IS reklamiert Tat für sich

Am Sonntag waren zwei bewaffnete Maskierte in die von Franziskanern geführte Kirche St. Maria Draperis während der Messe eingedrungen und hatten das Feuer eröffnet. Augenzeugen zufolge schossen sie zunächst in die Luft, bis ein Mann aufstand, um zu protestieren, worauf sie diesen erschossen. Mehrere Gottesdienstbesucher wurden den Berichten zufolge verletzt, was Regierungsvertreter jedoch dementierten. Bei dem Todesopfer handelt es sich laut Medienberichten um einen 52-jährigen obdachlosen türkischen Staatsangehörigen.

Berichten zufolge ordnet die Polizei die beiden inhaftierten Täter der Terrorgruppe „Islamischer Staat“ (IS) zu. Sie sollen aus Tadschikistan und Russland stammen. Bei umfangreichen Razzien im IS-Milieu wurden zudem 47 weitere Personen festgenommen. Der IS reklamierte auf dem Nachrichtenkanal Telegram die Tat für sich; die Täter seien dem Aufruf gefolgt, „Christen und Juden zu töten“.

Als „ermutigend und tröstend“ bezeichnete Palinuro die Worte von Papst Franziskus, der am Sonntag wenige Stunden nach dem Attentat bei seinem Angelus-Gebet auf dem Petersplatz in Rom seine Solidarität mit den Christen der Türkei bekundet hatte. Eingehend werde man sich mit dem Papst dann nächste Woche darüber austauschen können, wenn der Ad-limina-Besuch der katholischen Kirchenführer in der Türkei in Rom anstehe.

Kritik an den Behörden

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hatte dem zuständigen Pfarrer von St. Maria Draperis noch am Sonntag in einem Telefonat sein Beileid ausgedrückt. Er versicherte, es würden „alle notwendigen Maßnahmen“ ergriffen, um die Täter zu bestrafen.

Kritik an den türkischen Behörden äußerte jedoch der Apostolische Vikar für das im Südosten der Türkei gelegene Anatolien, Paolo Bizzeti. Er frage sich, warum „wir nicht rechtzeitig vor möglichen Anschlägen gewarnt wurden“. Zu Jahresbeginn habe die Regierung erklärt, bereits 25 Terroristen wegen Anschlagsplänen auf Kirchen und Synagogen verhaftet zu haben. Bei entsprechender Warnung wären die Sicherheitsmaßnahmen für die Sonntagsmessen verstärkt werden können, befand der Bischof, der auf „rasche Aufklärung“ und besseren Schutz der Christen drängte.

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