Durbans „Kunst-Krieger“ setzen auf kreative Akzente in Townships
Wie bringt man Kunst unters Volk – vor allem in einem Township, in dem die wenigsten Menschen Zugang zu Museen oder Kreativzentren haben? Ein Künstlerkollektiv in Südafrikas Hafenstadt Durban fand eine pragmatische Lösung.
Aktualisiert: 08.01.2024
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Sie nennen sich Kunst-Krieger – Amashosha in ihrer heimischen Zulu-Sprache. Die Künstlergruppe um den südafrikanischen Galeristen und Kurator Mthobisi Maphumulo tritt in der Hafenstadt Durban mit einer interessanten Philosophie an. „Wir haben uns die Frage gestellt: Wie macht man Kunst sichtbar in den Townships? Viele Jugendliche waren ja noch nie in einem Museum oder Kunstzentrum – daher bringen wir die Kunst nun über die Mode zu ihnen“, sagt Maphumulo, der als Markenzeichen einen ledernen Motorradhelm trägt. „Der schaut ein wenig aus wie ein Soldatenhelm“, sagt der 35-jährige Kunst-Krieger und grinst.
Zum Jahreswechsel hat er mit seinem Kollektiv im Ikomkhulu Art Space zwei gut besuchte Ausstellungen eröffnet - die jüngste davon namens „People of the Moon“ ist eine Art Zwitter zwischen Kunst und Mode. Denn Maphumulo hat dazu Porträts umgewidmet, die er während der langen Covid-Durstsrecke mit ihren strengen Restriktionen in Südafrika von Menschen aus seinem Umfeld gemalt hatte. Sie präsentiert er nun in Form von kunstvoll umgestalteten Porträt-Hemden. „T-Shirts mit aufgedruckten Porträts sind einfach herzustellen – aber hier ging es mir um die künstlerische Form“, sagt er. Besucher, die Kopien der Kunsthemden auch in der Galerie kaufen konnten, berichteten von überraschten Reaktionen in den Townships, sobald dort die Porträts erkannt wurden.
Kreative Umwidmung von Dingen
Die Idee des Künstler-Kollektivs basiert auf einer in Afrika häufig anzutreffenden kreativen Umwidmung von Dingen. Anders als in Europa etwa entstehen dort beim Recycling meist nicht wieder die gleichen Gegenstände, sondern völlig neue Gebrauchsgegenstände. Der Kreativität sind dabei kaum Grenzen gesetzt.
So kann eine Plastikflasche etwa mit Draht umgewidmet werden in eine Vogeltränke, ein Blumenbeet oder auch einen vom Wind angetriebenen Maulwurf-Schreck; die Plastikflasche sitzt dazu dank eines Lochs im Boden auf einem in die Erde gerammten Drahtstab und wird durch ins Plastik geschnittene Öffnungen bewegt, die als Flügel nach außen gebogen wurden. Die Kronkorken von Bierflaschen enden mitunter – liebevoll mit Stoff von Altkleidern umhüllt – als kunstvoll arrangierte Untersetzer. Ganze Heerscharen von „Waste Pickers“, Abfallsammlern, durchwühlen in Südafrikas Großstädten Woche für Woche die Mülltonnen nach brauchbarem Materialien.
„Wir sehen auch im Abfall eben noch die Schönheit der Dinge“, sagt Maphumulo, und verweist auf die anspruchsvolle Zulu-Perlenkunst. Diese Perlen wurden zu Kolonialzeiten einst als billige Tauschgegenstände massenweise nach Afrika gebracht – heute haben sie längst eine eigene Kunstform begründet, die auch bei Touristen aus Europa hoch im Kurs steht.