Renovabis-Bischof: Offener Dialog zwischen Ost und West nötig
Berlin/Freising ‐ Kriege in Armenien und der Ukraine, Unverständnis zwischen Katholiken in Polen und Deutschland: Die Partner von Renovabis stehen vor großen Herausforderungen.
Aktualisiert: 19.12.2023
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Der Berliner Erzbischof Heiner Koch hat zu einem offenen und ehrlichen Dialog zwischen West- und Osteuropa aufgerufen. In seiner Funktion als Aktionsratsvorsitzender des katholischen Osteuropahilfswerk Renovabis erklärte er in einer am Montag in Freising veröffentlichten Stellungnahme: „Gespräche auf Augenhöhe leben davon, unterschiedliche Einstellungen, Haltungen und Positionen anzuhören und auch auszuhalten.“ Er wisse, dass die Kirche in Deutschland von vielen Menschen im Osten Europas kritisch gesehen werde. Aber auch in Deutschland gebe es Vorurteile und noch immer ein Überlegenheitsgefühl gegenüber Osteuropa.

Diesem gelte es mit Begegnung, Partnerschaften und Dialog auf allen Ebenen zu begegnen, forderte Koch. Seinen Worten zufolge will Renovabis dafür neue Initiativen starten und zugleich auch durch Projektförderungen Impulse geben. Die bestehenden Bilder über die östlichen Nachbarn müssten hinterfragt werden. In Deutschland habe etwa noch kaum jemand angemessen gewürdigt, welche humanitäre Hilfe allein Polen für die Ukraine und die ukrainischen Geflüchteten seit mehr als eineinhalb Jahren leiste.
„Den Dialog, den Austausch und das Miteinander in Europa zu fördern, ist ein zentraler Auftrag von Renovabis“, bekräftigte der Renovabis-Bischof Dr. Heiner Koch am Ende des gemeinsamen „Reflexionsjahres“ zum 30-jährigen Bestehen der Osteuropa-Solidaritätsaktion. Dieser Dialog müsse zwingend weitergehen – es brauche dafür aber auch neue Impulse, betont Koch. Sicher ist der Aktionsratsvorsitzende von Renovabis aber auch, dass die praktischen Hilfen von Renovabis weiterhin dringend benötigt werden: „Wenn ich an den zweiten Kriegswinter in der Ukraine und die Geflüchteten in Armenien denke, wird mir klar: Es braucht unsere Solidarität!“
„Wir dürfen die Menschen in Not nicht vergessen“, so Koch. „Es gibt viele Menschen in existentieller Not in unserer ferneren und näheren europäischen Nachbarschaft“. Besonders prekär sei die Lage in der Ukraine. „Seit beinahe zwei Jahren tobt dort ein erbarmungsloser Krieg gegen Ukrainerinnen und Ukrainer. Unsere solidarische Hilfe ist weiter nötig und ich bitte alle Menschen eindringlich: Helfen Sie, so gut Sie können!“. Dabei gelte es, auch Helferinnen und Helfer in angrenzenden Ländern zu unterstützen, damit sie sich nicht überfordern.“
Große Not und Unsicherheit herrsche, so Koch, auch bei den rund 120.000 Geflüchteten in Armenien, viele von ihnen armenisch-apostolischen Christen, die unter Drohungen und in großer Angst aus ihrer Heimat in der Region Berg-Karabach geflohen sind. Eine Rückkehr der Vertriebenen in die nun von Aserbaidschan kontrollierte Region erscheint unrealistisch.

Ein Mann geht über Wasser: Cover des aktuellen Renovabis-Geschäftsberichts
Das 30-jährige Bestehen hatte Renovabis zum Anlass genommen, seinen Auftrag zu reflektieren – gemeinsam und im Austausch mit Partnern aus Deutschland und aus den osteuropäischen Partnerländern. „Noch mehr Dialog in Europa ist nötig“, so bringt der Aktionsratsvorsitzende Koch ein wesentliches Ergebnis des gemeinsamen Reflexionsjahres auf den Punkt. Dieser müsse weiterhin „auf Augenhöhe und in gegenseitiger Wertschätzung“ zwischen Ost und West erfolgen – so wie dies seit der Anfangszeit von Renovabis in den 1990er Jahren praktiziert wird.
Seit seiner Gründung vor 30 Jahren hat Renovabis nach eigenen Angaben knapp 26.000 Projekte mit mehr als 842 Millionen Euro gefördert. Es ist in 29 ehemals kommunistischen Ländern aktiv, von Polen bis nach Kirgistan. 2022 erzielte das Hilfswerk das beste Spendenergebnis seiner Geschichte und nahm einschließlich Kollekten sowie Erbschaften 14,9 Millionen Euro ein.
Renovabis/KNA

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