Nicaraguas Regime veröffentlicht Bilder von inhaftiertem Bischof
Managua ‐ Schon lange hatten Menschenrechtler und die Kirche nach Lebenszeichen des inhaftierten Bischofs von Matagalpa gerufen. Doch die nun veröffentlichten Bilder dienen vor allem zur Propaganda des sandinistischen Regimes.
Aktualisiert: 29.11.2023
Lesedauer:
Familienbesuche, ärztliche Behandlungen, ein reich gedeckter Tisch in einem mit Gitterstäben gesicherten Raum voller Blumen und Sofas und der Bischof beim Fernsehen: In Nicaragua haben die Behörden angebliche Bilder und Videoaufnahmen des seit über einem Jahr inhaftierten Bischofs Roland Alvarez veröffentlicht. Regierungskritische Medien (Dienstag Ortszeit) berichteten, es sei das zweite Mal seit der Verurteilung des Geistlichen, dass die Öffentlichkeit über den Zustand von Alvarez informiert werde.
Auf dem Material, das weltkirche.de vorliegt, wirkt der Bischof schlanker als bei einer ersten Veröffentlichung eines Lebenszeichens im vergangenen Mai. Von wann exakt die nun veröffentlichten Bilder stammen, ist nicht zu verifizieren, manche waren bereits vorher im Umlauf. Kritiker werfen den Behörden vor, die Zelle für Propagandazwecke extra schön hergerichtet zu haben.
Die Bilder zeigen mehrere Dinge: Sollten sie sich als authentisch herausstellen, wird Bischof Alvarez permanent per Kamera überwacht, sogar bei der Behandlung im Krankenhaus. Zudem versucht ihn das sandinistische Regime als jemanden darzustellen, der im Justizbereich mögliche, aber moralisch unbotmäßige Privilegien genießt.
HTML-Elemente (z.B. Videos) sind ausgeblendet. Zum Einblenden der Elemente aktivieren Sie hier die entsprechenden Cookies.
Im August 2022 wurde Alvarez, der als einer der schärfsten Kritiker des links-autoritären Ortega-Regimes gilt, verhaftet, nachdem seine Residenz schon Tage zuvor von Polizisten belagert worden war und er Gottesdienste nur noch über Internet und Radio öffentlich hatte anbieten können. Die Regierung warf dem Bischof vor, gewalttätige Gruppen organisiert und zu „Hassverbrechen“ angestiftet zu haben, die das Ziel gehabt hätten, „den Staat Nicaragua zu destabilisieren“.
Im Februar verurteilte ein Gericht Alvarez in einem Schnellverfahren wegen Ungehorsams, Untergrabung der nationalen Integrität und weiterer Delikte zu 26 Jahren Haft. Die Behörden entzogen ihm die Staatsbürgerschaft. Der Geistliche hatte sich geweigert, mit 222 weiteren politischen Gefangenen in die USA abgeschoben zu werden, die allesamt als Regierungskritiker gelten.
EU und USA fordern Freilassung
Die EU und die USA fordern ebenso wie zahlreiche Menschenrechtsorganisationen die Freilassung des Bischofs, der inzwischen laut Umfragen als eine der populärsten Figuren Lateinamerikas gilt. Vor wenigen Tagen erhielt Alvarez eine Auszeichnung der Kirche in Spanien.
Die katholische Kirche in Nicaragua, Nichtregierungsorganisationen und unabhängige Medien kritisierten in den vergangenen Jahren immer wieder Menschenrechtsverletzungen der Regierung. Inzwischen sind Hunderte Nichtregierungsorganisationen verboten. Die Regierung des linksgerichteten Präsidentenpaares Daniel Ortega und Rosario Murillo ließ in den vergangenen Jahren zudem kirchliche Einrichtungen und Universitäten schließen, Kirchenvermögen konfiszieren und ging gezielt gegen Kirchenvertreter vor.
Der nicaraguanische Weihbischof Silvio José Báez, der seit 2019 in den USA im Exil lebt, schrieb auf X, man solle die Diktatur nicht damit durchkommen lassen, mit zynischen Fotos und Videos zweifelhafter Herkunft ihre Verbrechen zu rechtfertigen und der Opposition einen Maulkorb zu verpassen. Bischof Rolando Álvarez sei unschuldig und man werde diese Ungerechtigkeit weiterhin laut beim Namen nennen. „Er muss sofort und bedingungslos freigelassen werden!“, forderte Báez.
Derzeit deutet nichts auf ein versöhnliches Ende der innenpolitischen Spaltung Nicaraguas, die bei Ausschreitungen bereits Hunderte Tote gefordert hat. Die Ortega-Regierung weist alle Vorwürfe als politische Kampagne zurück.
dr/KNA/weltkirche.de