Papst Franziskus beim Einzug zum Konsistorium mit der Ernennung von neuen Kardinälen am 28. Juni 2017 im Petersdom im Vatikan.
Künftig noch mehr spanischsprachige Kardinäle

Ein Kardinalskollegium ganz nach dem Geschmack von Papst Franziskus

Zum neunten Mal hat Papst Franziskus neue Kardinäle nominiert. Das von ihm geformte Kardinalskollegium wird immer mehr zu einem Abbild seines Denkens und seiner Herkunft.

Erstellt: 10.07.2023
Aktualisiert: 10.07.2023
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Von Ludwig Ring-Eifel (KNA)

Das Timing war gut gewählt. In der nachrichtenarmen Zeit der römischen Sommerhitze verkündete Papst Franziskus am Sonntagmittag auf dem Petersplatz überraschend sein neuntes „Konsistorium“ zur Ernennung neuer Kardinäle. Auch der Zeitpunkt für die geplante Zusammenkunft der alten und der neuen Kardinäle ist gut gewählt: Der 30. September ist der Vorabend der Weltsynode. Dann werden rund 360 Bischöfe, Priester, Ordensleute und Laien aus aller Welt in Rom sein, um vier Wochen lang über die Zukunft der katholischen Kirche in einer Zeit der Krisen in Kirche und Gesellschaft zu debattieren.

Die Aufmerksamkeit der Medien für dieses Ereignis dürfte auf die Versammlung der Kardinäle ausstrahlen. Und einige der frisch in den Kardinalsstand beförderten Geistlichen werden bei der Weltsynode führende Rollen übernehmen.

Folgen für die ganze Kirche

Allen voran der dann gerade erst in seinem neuen Amt als oberster Glaubenshüter der katholischen Kirche angekommene argentinische Erzbischof Victor Fernandez. Der Theologe aus Argentinien galt schon lange als „Ghostwriter“ von Papst Franziskus. Sogar bei der Formulierung der Texte für die Weltsynode soll er eine wichtige Rolle gespielt haben.

Fernandez ist ein herausragender und ein typischer Vertreter des von Franziskus in neun Etappen veränderten Kardinalskollegiums. Noch nie hat es unter den künftigen Papstwählern so viele „Hispanics“ aus Lateinamerika und Spanien gegeben, und noch nie so viele, die in ihrem Denken dem regierenden Papst ähneln. Für die nähere Zukunft der katholischen Kirche könnte das Folgen haben.

Denn die unter 80-Jährigen in diesem Kollegium werden im Wesentlichen die Versammlung bilden, die in wenigen Jahren den nächsten Papst wählt. Ob der deshalb ein geistiger Ziehsohn von Franziskus sein wird, ist dennoch eine offene Frage.

Italiener bleiben stärkste Gruppe

Die Vatikan-Auguren befassen sich seit der Bekanntgabe der neuen Kardinalsnamen vor allem damit, wie sich das künftige Wahlmännergremium zusammensetzt. Es wird bemerkt, dass die Globalisierung des einst von Italienern und Europäern dominierten Kollegiums weit vorangeschritten ist. 24 Lateinamerikaner, 23 Asiaten und 19 Afrikaner machen zusammen schon fast die Hälfte der künftigen Wahlmänner aus. Die Europäer bilden mit 52 zwar weiterhin eine starke Gruppe. Doch sind sie - vor allem wegen der großen kirchenpolitischen Gegensätze zwischen Ost- und Westeuropa - alles andere als ein homogener Block.

Und so spielen neben geografischen Zuordnungen vor allem sprachlich-kulturelle Gemeinsamkeiten eine Rolle. Zwar bilden in rein nationalen Kategorien gedacht noch immer die Italiener mit 14 Köpfen die größte Gruppe. Doch stellen die „Hispanics“, also die Spanischsprechenden aus Europa und Lateinamerika, inzwischen mehr als ein Viertel der künftigen Papstwähler, zu denen dann auch noch acht portugiesisch sprechende hinzugerechnet werden können. Für die vertraulichen Gespräche vor einem Konklave in Rom, bei denen die Namen der favorisierten Kandidaten gehandelt werden, spielen solche sprachlichen und kulturellen Faktoren eine möglicherweise entscheidende Rolle.

Mindestens ebenso wichtig ist die kirchenpolitische und theologische Ausrichtung der Kardinäle. Sie hat sich durch die Nachbesetzungen unter Papst Franziskus noch stärker gewandelt als die geografische Verteilung. Denn anders als seine Vorgänger Johannes Paul II. und Benedikt XVI. hat Franziskus weitgehend solche Männer ins Kardinalskollegium gerufen, die auf seiner theologischen Linie liegen.

Konzil als Ausgangspunkt

Sie nehmen den kirchlichen Modernisierungsschub durch das Zweite Vatikanische Konzil (1962-1965) als Ausgangspunkt. Und sie suchen nach Wegen, diese Ideen unter den veränderten Bedingungen des 21. Jahrhunderts umzusetzen – im Dialog mit der Wissenschaft und einer sich rasant verändernden Gesellschaft.

Noch der Vorgängerpapst Benedikt XVI. war im Jahr 2005 mit einer Kampfansage an den weltanschaulichen und moralischen Relativismus angetreten. Doch dieses Denken ist auf dem Rückzug. Es dominiert noch unter den Kardinälen in Osteuropa und in einigen afrikanischen Ländern. Bei einem Konklave in nächster Zeit würden dessen Vertreter aber kaum eine Sperrminorität erreichen. Denn rund 70 Prozent der künftigen Papstwähler sind nun von Franziskus ernannt und die meisten dürften auf seiner Linie liegen.

KNA

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