Derweil rief die Organisation Amerikanischer Staaten OAS, die eine Überprüfung der jüngsten Wahlergebnisse vornehmen soll, Boliviens Bevölkerung auf, Beweismaterial einzureichen. Die OAS habe Kanäle eingerichtet, um Informationen und Dokumentationen zur Präsidentenwahl und den Ereignissen danach zu erhalten. Um die Übergabe des Materials zu koordinieren, sei eine eigene E-Mail-Adresse eingerichtet worden.
Die Opposition zweifelt Morales' Sieg an. Nach offiziellen Angaben lag er nur ganz knapp über jener Hürde, die eine Stichwahl notwendig macht. Am Wahlabend hatte die Wahlbehörde zunächst noch einen zweiten Wahlgang in Aussicht gestellt, später dann aber nach einem Auszählungsstopp Morales zum Sieger erklärt. In einer Stichwahl hätte der konservative Herausforderer Mesa aufgrund einer Kooperation mit den anderen unterlegenen Kandidaten gute Chancen gehabt.
Schon unmittelbar nach dem Wahlgang sprachen Menschenrechtsorganisationen und Kirchenvertreter von Hinweisen auf eine mögliche Manipulation. Am Wochenende rief die katholische Bischofskonferenz alle Konfliktparteien zu direkten Gesprächen auf: „Der einzige geeignete, demokratische Ausweg ist ein ehrlicher, transparenter und demütiger Dialog.“
Zugleich stellten sich die Bischöfe hinter die Überprüfung der Ergebnisse durch die OAS. Diese könnte eine Grundlage zur Beilegung des Konflikts sein, hieß es. Teile der Opposition lehnen die Überprüfung ab; sie beharren auf ihrer Rücktrittsforderung. Morales indes erwartet eine „technisch-juristische“, aber keine „politische“ Bewertung der Wahlergebnisse.
Von Tobias Käufer (KNA)
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