Schwester Rosa Elena gehört zu jenen, die an Ort und Stelle Hilfe leisten. Defizite sieht sie in erster Linie in Sachen Bildung. Als sie zur Mittagszeit über den von Hütten umringten Dorfplatz spaziert, wird sie von spielenden Indio-Kindern begrüßt. „Sie können hier zur Schule gehen, aber die ist nicht besonders gut“, sagt die Missionarin. Sie versuche daher, im Umgang mit den Kindern eigene Akzente zu setzen – etwa beim Thema Sexualmoral. Viele hätten schon mit zwölf oder dreizehn Jahren Geschlechtsverkehr. „Das ist normal hier“, bemerkt Pico mit kritischem Unterton. Sie wehrt sich gegen romantische Urwald-Klischees und eine allzu verklärende Sicht auf die Indiokultur. „Sie lieben den Wald und wollen ihn beschützen.“ Aber längst nicht alle seien geborene Umweltschützer. Benzinreste etwa würden aus Unwissenheit nicht selten im nahe gelegenen Rio Bobonaza entsorgt.
Die Kritik der Schwester und ihre Strenge in manchen Glaubensfragen kommen nicht immer gut an. „Ich wurde auch schon aufgefordert, wieder zu gehen“, räumt sie ein. Sie verweise in solchen Gesprächen darauf, dass darüber allein der Bischof zu entscheiden habe. Konflikte wie diese zeigen: Die Dorfbewohner haben den Katholizismus zwar in vielerlei Hinsicht angenommen. Davon zeugt die Kapelle im Herzen von Sarayaku. Dennoch lässt man sich von Zugereisten ungern ins Privatleben hineinreden.
Als größtes Problem bei ihrer Arbeit nennt Pico den Priestermangel im Amazonasgebiet. Ein kolumbianischer Geistlicher aus der nächstgelegenen Stadt komme nur alle paar Wochen per Boot zu Besuch. „Wir brauchen dringend mehr Vertreter zum Spenden der Sakramente“, fordert die Missionarin. Sie hoffe, dass bei der Synode im Vatikan eine Lösung gefunden werde. Das, davon ist sie überzeugt, würde der Botschaft Gottes im bedrohten Regenwald viel mehr Gehör verschaffen.
Von Alexander Pitz (KNA)
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