Der Fall Asia Bibi sorgte weltweit für Schlagzeilen. Papst Franziskus und andere einflussreiche Persönlichkeiten aus dem Westen setzten sich für die Katholikin ein. In Pakistan war der Fall Anlass für gewaltsamen islamistischen Aufruhr. Salman Taseer, muslimischer Gouverneur des Punjab, sowie der Christ Shahbaz Bhatti, Minister für Minderheiten, wurden ermordet, weil sie sich für die Freilassung Asia Bibis einsetzten.
Für radikale Muslime ist der 2016 hingerichtete Mörder von Salman Taseer ein Märtyrer, sein Grab wurde zu einer Pilgerstätte. Wie die Mehrheit der pakistanischen Christen stammt auch Asia Bibi aus dem Punjab. Mehr als 70 Prozent der Christen leben unterhalb der Armutsgrenze. Das macht sie zu leichten Opfern der Islamisten.
Pakistanische Menschenrechtsanwälte sehen die internationale Prominenz des Falls Asia Bibi mit gemischten Gefühlen. „Ohne die Intervention westlicher Länder wäre sie nicht freigesprochen worden“, sagt der im Exil in Sri Lanka lebende Anwalt Sardar Mushtaq Gill. Anthony in Lahore weiß aber auch: „Dadurch wurden die juristischen Verfahren in die Länge gezogen und das Leid von Asia Bibi verschlimmert.“
Beide Anwälte bevorzugen bei ihren Fällen lieber die „leisen Töne“ in der Öffentlichkeit. Gill sagt: „Dann bietet man weniger Angriffsfläche.“ Der Protestant musste trotzdem vor islamistischer Verfolgung fliehen. „Ich hoffe, dass ich bald in einem Drittland Asyl bekomme“, sagt Gill telefonisch aus Colombo, wo er in der Obhut der UN-Flüchtlingskommission lebt.
Anthony hat wenig Hoffnung, dass sich die Lage für religiöse Minderheiten in Pakistan entspannt. Er weiß: „Premierminister Imran Khan will die Gewalt bekämpfen. Aber sein Spielraum ist gering. Hass und Fanatismus sind inzwischen in der Gesellschaft tief verwurzelt.“
Mit dem Hass wird Asia Bibi für immer leben müssen. „Es brach mir das Herz, ohne Abschied von meiner Familie gehen zu müssen. Pakistan ist mein Land und meine Heimat, die ich liebe“, sagte sie im Interview. Sie weiß, dass es schon aus Sicherheitsgründen kein Zurück gibt. Doch auch im Exil, ob in Kanada oder letztlich in einem europäischen Land, muss sie die Rache der Islamisten fürchten. Anwältin Anthony sagt: „Sie wird nirgends sicher sein.“
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