Spät wurden sich die nachfolgenden Generationen einer Schuld bewusst und bemühen sich um einen Ausgleich: Im April dieses Jahres haben die Studenten von Georgetown für die Einführung einer Zusatzgebühr gestimmt. Das Geld ist für einen Fonds gedacht, der den Verkauf der 272 Sklaven sühnen soll. Damit sollen benachteiligte Gemeinden unterstützt werden, in denen die Nachfahren der einst verkauften Sklaven leben.
Wie tief die Sklaverei in der Gesellschaft verankert war, zeigt auch die Tatsache, dass zehn der ersten zwölf Präsidenten Sklaven besaßen. Sogar James Monroe, der eigentlich gegen die Sklaverei war, besaß in seinem Leben rund 250 Sklaven. Ähnlich widersprüchlich reagierten die katholischen Bischöfe auf das Schreiben „In supremo apostolatus“, mit dem Papst Gregor XVI. 1839 den Sklavenhandel als Verbrechen bezeichnete und allen Kirchenstrafen androhte, die sich weiter daran beteiligten. Die US-Bischöfe bezogen das Verbot nicht auf ihr eigenes Leben, sondern nur auf die Situation in anderen Ländern.
1862 wurde in den Südstaaten die Abschaffung der Sklaverei verkündet. Nach dem folgenden Bürgerkrieg bis 1865 waren die Sklaven freie Menschen. Dennoch wurden sie auch kirchlicherseits lange nicht als gleichberechtigt anerkannt. Erst 1920 wurde ein Priesterseminar für junge Männer afroamerikanischer Herkunft eingerichtet.
Eine Änderung trat in der US-Kirche erst mit dem Erstarken der Bürgerrechtsbewegung nach 1950 ein. 1958 positionierte sich die Bischofskonferenz zum ersten Mal deutlich, indem sie Rassismus verurteilte. 1979 folgte das Hirtenschreiben „Brothers and Sisters to us“, und erst vor wenigen Monaten wurde das Grundsatzschreiben „Open wide our hearts“ veröffentlicht.
Die Zahl der Bischöfe afroamerikanischer Herkunft liegt bis heute im unteren zweistelligen Bereich. Insofern war es bemerkenswert, dass Papst Franziskus am 4. April – dem 51. Jahrestag der Ermordung von Martin Luther King Jr. – Wilton Gregory zum Erzbischof von Washington DC ernannte. Damit leitet erstmals ein Afroamerikaner das wichtige Hauptstadt-Erzbistum.
Von Christiane Laudage (KNA)
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