Frage: Finden Sie Gehör?
Pater Nikodemus: Wir erleben gerade einen spannenden Wandel. Die klassische Außenpolitik zwischen Staaten wird immer stärker ergänzt durch eine Außenpolitik mit den jeweiligen Gesellschaften. Ähnliche Referate wie das unsrige gibt es übrigens auch in anderen Ländern, etwa in Finnland, der Schweiz, Österreich und den Niederlanden. Letztlich geht es darum, dass es mit den Religionsgemeinschaften Akteure gibt, die einen anderen Blick auf die Welt haben als den klassisch geo-, sicherheits- oder wirtschaftspolitischen. Der Dialog mit den Religionen eröffnet also damit auch ganz neue Blickwinkel für die Diplomatie auf diese unsere Welt – und eben nicht nur in Fragen von Krieg und Frieden.
Frage: Sondern?
Pater Nikodemus: Es geht auch um sozialen Zusammenhalt, Menschenrechte, Klimawandel oder um den Umweltschutz – Christen würden es „Bewahrung der Schöpfung“ nennen. Die Politik will mit Religionen über Gott und die Welt ins Gespräch kommen, und über die gemeinsame Verantwortung für die Zukunft unseres Planeten.
Frage: Schön und gut – aber ist es nicht so, dass in vielen Religionen, auch in der katholischen Kirche, Frauen benachteiligt werden? Wie kann man über Gott und die Welt sprechen, wenn die Hälfte der Menschheit quasi außen vor bleibt?
Pater Nikodemus: Korrekter Einwand. Aber ich gebe zu bedenken, dass die Bundesregierung auch zu Staaten diplomatische Beziehungen unterhält, deren Gesellschafts- oder Politikmodell sie nicht teilt. Zur Diplomatie gehört, Gesprächskanäle offen zu halten, selbst oder gerade wenn es herausfordernd ist.
Frage: Wie meinen Sie das?
Pater Nikodemus: Der Dialog über die Verantwortung für unsere Gesellschaft ist keine Einbahnstraße. Zum Dialog gehört auch Kritik. Und die müssen sich beide Seiten gefallen lassen: Religion und Politik.