Kulturrat: Kolonialismus gemeinsam mit Kirchen aufarbeiten
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Kulturrat: Kolonialismus gemeinsam mit Kirchen aufarbeiten

Bildung ‐ Das von Bund, Ländern und Gemeinden verabschiedete Eckpunktepapier zum Umgang mit kolonialem Sammlungsgut stößt auf unterschiedliches Echo. Das Wichtigste daran sei, dass es ein solches Papier überhaupt gebe, sagte der Hamburger Afrika-Historiker Jürgen Zimmerer.

Erstellt: 14.03.2019
Aktualisiert: 19.12.2022
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Das von Bund, Ländern und Gemeinden verabschiedete Eckpunktepapier zum Umgang mit kolonialem Sammlungsgut stößt auf unterschiedliches Echo. Das Wichtigste daran sei, dass es ein solches Papier überhaupt gebe, sagte der Hamburger Afrika-Historiker Jürgen Zimmerer am Donnerstag der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA).

„Es zeigt, welche Bedeutung das Thema 'Koloniales Erbe' mittlerweile, und längst überfällig besitzt.“ Inhaltlich handle es sich allerdings um ein „Kompromisspapier, das keine großen Visionen entfaltet“, so Zimmerer.

Die am Mittwochabend verabschiedeten Eckpunkte sehen vor, das Sammelgut zu dokumentieren und zu veröffentlichen. Geprüft werden soll, ob die Deutsche Digitale Bibliothek sich hierfür eignet. Ein „Vorrang“ bei der Aufarbeitung kommt demnach menschlichen Überresten zu, die nach Möglichkeit alle zurückgeführt werden sollen. Von besonderer Relevanz seien ferner jene Kulturgüter, die „im Rahmen formaler Kolonialherrschaften des Deutschen Reiches aus ihren Gesellschaften entfernt und nach Deutschland verbracht wurden“, sowie jene, für die ein Rückgabeersuchen vorliege.

Weiter heißt es: „Insbesondere Menschen und Institutionen aus den Herkunftsstaaten und den betroffenen Herkunftsgesellschaften werden wir die Möglichkeit eröffnen, sich über Bestände von Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten in Deutschland zu informieren und konkrete Beratung, auch hinsichtlich möglicher Rückführungen und Kooperationen, zu erhalten.“ Um den Zugang zu diesen Informationen zu erleichtern, solle eine „Anlaufstelle“ geschaffen werden.

Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) erklärte, das Eckpunktepapier sei „Ausdruck unserer historischen Verantwortung“. Die Staatsministerin für Internationale Kulturpolitik im Auswärtigen Amt, Michelle Müntefering (SPD), sprach von einem wichtigen Schritt. „Zugleich wissen wir, dass wir bei diesem Thema erst am Anfang stehen“.

Der Deutsche Kulturrat plädierte unterdessen für eine gemeinsame Aufarbeitung der kolonialen Vergangenheit mit den Kirchen. „Sie spielen in der Gesamtdiskussion eine große Rolle, weil die religiöse Dimension einer der wichtigen Gründe war, warum das Deutsche Reich Kolonien in Besitz genommen hat“, sagte Kulturrat-Geschäftsführer Olaf Zimmermann der KNA.

Zimmermann bedauerte, dass dieser Aspekt in dem Eckpunktepapier nicht explizit angesprochen wurde. „Wenn wir das aufarbeiten wollen, müssen wir den kirchlichen Bereich mit hineinnehmen“, erklärte der Geschäftsführer. Die Missionstätigkeit an sich – nach dem Motto „Wir bringen den Wilden das Christentum“ – sei kolonialistisch gewesen und habe als Wegbereiter für kolonialistisches Denken und Handeln fungiert.

Der Verein Berlin Postkolonial kritisierte, dass bei der Aussprache über das Eckpunktepapier Vertreter aus den Herkunftsgesellschaften oder Nachfahren der Kolonialismusopfer nicht eingeladen waren. Zudem gebe es keine Rückgabeverpflichtung.

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