
Enttäuschung über Absage der Wahlen in Nigeria
Nigeria ‐ In Nigeria sind die Präsidentschaftswahlen sechs Stunden vor Öffnung der Wahllokale überraschend auf kommenden Samstag, den 23. Februar verschoben worden. Die Wahlkommission steht in der Kritik. Und bereitet sich auf kommenden Samstag vor.
Aktualisiert: 18.02.2019
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In Nigeria sind die Präsidentschaftswahlen sechs Stunden vor Öffnung der Wahllokale überraschend auf kommenden Samstag, den 23. Februar verschoben worden. Die Wahlkommission steht in der Kritik. Und bereitet sich auf kommenden Samstag vor.
Die Schlagzeilen der nigerianischen Zeitungen, die Aniekan Abasi E. James an seinem Stand in Wuse 2, einem Viertel in Nigerias Hauptstadt Abuja, am Samstagmorgen auslegte, lauteten alle gleich. INEC, die Unabhängige Nationale Wahlkommission, verschiebt den Urnengang um eine Woche. „Es ist ärgerlich. Ich bin verbittert. Um 4.30 Uhr habe ich mich heute Morgen auf den Weg zu meinem Wahllokal gemacht. Und dann höre ich im Radio, dass die Wahl nicht stattfindet“, sagt er.
Am Freitag kursierten zwar bereits entsprechende Gerüchte. Sie stammten jedoch aus dem Lager von Oppositionskandidat Atiku Abubakar von der People's Democratic Party (PDP). Das werteten Beobachter als Spitze gegen die amtierende Regierung von Muhammadu Buhari, der für den All Progressives Congress (APC) antritt.
Umso überraschender kam dann die nächtlich einberufene Pressekonferenz. INEC-Chef Mahmood Yakubu ließ mitteilen, dass es logistische Probleme gebe. Freie, faire und glaubwürdige Wahlen seien derzeit nicht möglich. Dabei hatten Sprecher in den vergangenen Wochen gebetsmühlenartig betont, wie gut die Vorbereitungen diesmal liefen. Das sollte ein wichtiges Signal für die gut 84 Millionen registrierten Wähler sein. Schließlich waren schon die Präsidentschaftswahlen 2011 und 2015 wegen logistischer Probleme verschoben worden.
In Yola, der Provinzhauptstadt von Adamawa an der Grenze Kameruns, zeigt sich auch der katholische Bischof Stephen Dami Mamza enttäuscht. „Ich bin heute Morgen aufgewacht und war bereit zu wählen“, sagt er. Besonders kritisiert er, dass die Verschiebung gerade einmal sechs Stunden vor Öffnung der Wahllokale bekannt gegeben wurde. „Es wäre etwas anderes gewesen, wenn man zwei oder drei Tage früher entschieden hätte.“
Zahlreiche Nigerianer sind nicht an ihren Wohnorten, sondern in den Heimatdörfern registriert. Um zu wählen, nehmen sie lange Reisen und hohe Kosten auf sich. Eine einfache Fahrt von Abuja in die nordnigerianische Wirtschaftsmetropole Kano kostet aktuell beispielsweise mindestens 3.000 Naira (Tageskurs: 7,34 Euro), etwa ein Zehntel des gerade neu festgesetzten Mindestlohns. Eine erneute Reise in einer Woche werden sich viele Menschen nicht leisten können.
„Ich bin unglücklich. Das ist ein Rückschritt für unser Land“, sagt Oliver Dashe Doeme, Bischof in Maiguduri, Hauptstadt des Bundesstaates Borno, „ich sehe keinen Grund für die Verschiebung“. Er befürchtet, dass viele Bewohner nun noch enttäuschter von der Regierung sind.
Dabei wurde schon in den vergangenen Monaten im ganzen Land viel Unmut laut. Kritiker werfen Buhari vor, seine Wahlversprechen von 2015 – die Bekämpfung der islamistischen Terrormiliz Boko Haram, von Korruption sowie die Stärkung der Wirtschaft – nicht eingelöst zu haben. Seine Wiederwahl galt deswegen keinesfalls als sicher. Stattdessen wurde ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen ihm und Atiku mit knappem Ausgang erwartet.
Über den Bundesstaat Borno sagt Bischof Oliver Dashe Doeme, dass der Alltag dort extrem beschwerlich sei. „Viele Dinge funktionieren nicht. Die Armut ist groß. Die Bevölkerung leidet.“ Ein weiteres Problem sei die mangelnde Sicherheit. Borno gilt als Hochburg von Boko Haram. Mitglieder der Terrorgruppe überfielen erst am Dienstag einen Konvoi von Gouverneur Kashim Shettima. Viele Menschen seien ermordet worden, beklagt der Bischof. „Die Gewalt ist enorm. Das ist eine bedauerliche Entwicklung.“
Nach derzeitigem Stand sollen die Präsidentschafts-, Parlaments- und Senatswahlen nun am 23. Februar stattfinden. Für die Landesparlamente und Gouverneure ist der 9. März als Termin ausgegeben.
Das bevölkerungsreichste Land Afrikas nimmt nun einen neuen Anlauf für den Urnengang. Geplant ist, zwischen Montag und Donnerstag die erforderlichen Unterlagen in die 774 Landkreise zu bringen. In diesem Zeitraum sollen auch die Lesegeräte für die Wählerkarten neu konfiguriert werden. Anfangs haben man überlegt, die Wahlen auf den kommenden Sonntag anstatt den Samstag zu verschieben, um noch etwas Zeit zu gewinnen, sagte INEC-Chef Yakubu. Davon sei man allerdings rasch abgekommen. Viele Landsleute gingen sonntags eher in die Kirche anstatt in ein Wahllokal.
Von Katrin Gänsler (KNA)
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