Der frühere Erzbischof von Algier, Henri Antoine Marie Teissier, betont, dass das nun abgeschlossene Verfahren „Pierre Claverie und 18 Gefährten“ tatsächlich allen Gewaltopfern gewidmet sei. Es gehe auch darum, den Algeriern und der muslimischen Gemeinschaft verständlich zu machen, dass in der Verpflichtung zur Verehrung der eigenen, christlichen Märtyrer auch eine Anerkennung für die Treue, die Arbeit und den Mut all jener Nichtchristen liege, die damals „denselben Preis bezahlt haben“. Dies gelte etwa auch für 99 ermordete Imame, die sich weigerten, die Legitimität der Gewalttaten jener Zeit anzuerkennen. Nach Angaben des heute 89-jährigen Erzbischofs entstand der Wunsch nach einer Seligsprechung der algerischen Märtyrer bei einer Pilgerfahrt nach Rom im Heiligen Jahr 2000. Papst Johannes Paul II. habe damals bei einer Gedenkfeier im Kolosseum für die Märtyrer des 20. Jahrhunderts auch die Trappisten von Tibhirine erwähnt.
Allerdings, so Teissier, habe es zu Beginn keineswegs Einstimmigkeit in der Frage gegeben. Andere Ordensgemeinschaften, etwa die Weißen Väter, verwiesen darauf, dass es in anderen Ländern Afrikas ebenfalls Opfer gegeben habe, so im Kongo oder in Ruanda – warum also die Algerier hervorheben? Und die Kleinen Schwestern vom Heiligsten Herzen Jesu hätten geltend gemacht, dass es nicht ihre Berufung sei, „sich in den Vordergrund zu setzen“. Es habe Jahre gebraucht, bis das Verfahren schließlich 2007 tatsächlich aufgenommen wurde.
Das es nun so schnell geht, hält der Erzbischof allerdings für wenig erstaunlich: Das Glaubenszeugnis der algerischen Märtyrer sei „von großer Aktualität“; siehe auch die Ermordung des französischen Priesters Jacques Hamel durch Islamisten im Juli 2016. Hamel, ein früherer Algerien-Soldat, hatte eine starke geistliche Bindung zu den Mönchen von Tibhirine. Und der Postulator (Anwalt) der „19 algerischen Märtyrer“, der Trappist Thomas Georgeon, sagte zuletzt, deren Seligsprechung könne auch eine neue geistliche Dynamik für den islamisch-christlichen Dialog bringen.
Unter dem Radar bleiben einstweilen Pläne, nach denen möglicherweise wieder eine religiöse Gemeinschaft ins Kloster Tibhirine einziehen könnte. Entsprechende Pläne hatte 2015 der Vorsitzende der algerischen Bischöfe und heutige Erzbischof von Algier, Paul Desfarges, offenbart. Seitdem bleiben aber weitere Informationen darüber aus. Nach seinen Worten wurde das Kloster seit dem Mord nie ganz aufgegeben. Regelmäßig werde es von in Algerien lebenden Priestern besucht. Einige einheimische Landarbeiter kümmerten sich um die rund 2.000 Obstbäume des Anwesens.