Ein Grund dafür sind die mangelnden Perspektiven. Akher Iyere hat noch zwei Jahre bis zu ihrem Abschluss. „Danach würde ich gerne Buchhalterin werden.“ Doch die Aussichten sind schlecht. Die Suche erfordert viel Eigeninitiative, Energie und Kontakte. Dazu kommt, dass Nigerias Bevölkerung jedes Jahr um die Größe von Irland oder Dänemark wächst, die Infrastruktur jedoch nicht. Neben Wohnungen, Strom-, Wasser- und Gesundheitsversorgung wächst vor allem der Arbeitsmarkt nicht mit. Die Migration nach Nordafrika und Europa hat in Edo eine lange Tradition. Geldüberweisungen aus dem Ausland sind für viele Familien elementar: Nach Angaben der Weltbank haben Nigerianer vergangenes Jahr 22 Milliarden US-Dollar an Angehörige geschickt.
Dafür nehmen sie die Zwangsprostitution in Kauf. „Es ist fast ausgeschlossen, dass sie heute darüber nicht Bescheid wissen“, so Schwester Bibiana. Sie erlebt auch, dass Prostitution als normale Arbeit angesehen wird und die jungen Frauen denken, damit in Europa ein gutes Auskommen zu erwirtschaften. „Sie wissen nicht, dass sie zu Sklaven werden und das Geld nicht ihnen gehört.“
CUSODOW bietet Mädchen und jungen Frauen, die aus Europa abgeschoben wurden oder aus Libyen zurückgekehrt sind, Unterkunft und Beratung. Die Zahl steigt stetig. Seit April 2017 hat die Internationale Organisation für Migration (IOM) die Rückkehr von 9.159 Migranten unterstützt – wie viele von ihnen die Menschenhändler Richtung Norden lockten, ist nicht bekannt. Jeder zweite stammt aus Edo. Weiterhin warten Zehntausende in Libyen. Gesunken ist hingegen die Zahl der Nigerianer, die über das Mittelmeer nach Europa kommen. Nach aktueller Statistik des UN-Flüchtlingshilfswerks gehört Nigeria nicht einmal mehr zu den zehn Ländern mit der höchsten Migrantenzahl.