Papst Leo XIV. steigt aus dem Flugzeug am 27. November 2025 auf dem Flughafen in Ankara (Türkei).
Leo XIV. erweist sich an seinem ersten Reisetag als Diplomat in Weiß

Die Türkei breitet dem Papst den türkisblauen Teppich aus

Ankara  ‐ Mit Spannung wurde die Reise des neuen Papstes in die Türkei und den Libanon erwartet. Am Donnerstag begann Leo XIV. seinen Besuch in Ankara und Istanbul. Und erwies sich gleich auf Anhieb als Diplomat in Weiß.

Erstellt: 27.11.2025
Aktualisiert: 27.11.2025
Lesedauer: 
Von Sabine Kleyboldt (KNA)

Langsam rollt die schwarze Limousine die breite Straße Richtung Präsidentenpalast entlang. Eskortiert wird der Wagen von berittenen Garden in türkisfarbenen Uniformen, die rote Flagge der Türkei und die gelb-weiße des Vatikans wehen in Ankaras fast frühlingshaftem Wind. Die türkische Hauptstadt empfängt Papst Leo XIV. am Donnerstag mit allen militärischen Ehren. Doch jubelnde Mengen sucht man am Straßenrand vergebens.

Kein Wunder: Christen bilden unter den rund 85 Millionen Türken eine Minderheit von höchstens 200.000 Mitgliedern verschiedener Konfessionen. Zudem sind die Straßen rund um den Präsidentenpalast für den Gast aus dem Vatikan weiträumig abgesperrt. Für den seit Mai regierenden Leo XIV. ist die Reise, die ihn von Donnerstag bis Dienstag in die Türkei und den Libanon führt, eine Art Jungfernfahrt.

Am Flughafen von Ankara wurde der erste in den USA geborene Papst von Kultur- und Tourismusminister Mehmet Nuri Ersoy empfangen. Anschließend ging es zum Mausoleum von Staatsgründer Atatürk, wo Leo XIV. einen Kranz in den Türkei-Farben Rot und Weiß niederlegte. Anschließend schrieb er dort ins Gästebuch: „Ich danke Gott, dass ich die Türkei besuchen darf, und ich wünsche diesem Land und seinem Volk Frieden und Wohlstand in Fülle.“

Nach einer seltsam lautlosen Fahrt zum Präsidentenpalast wurde der Papst dort vom Hausherrn empfangen: Recep Tayyib Erdogan, seit 2014 an der Spitze jenes Staates, der mehr und mehr eine Vermittlerrolle zwischen Orient und Okzident einnehmen will. Nach freundlichem, aber etwas steifen Shake Hands stehen die beiden fast gleichaltrigen und doch so unterschiedlichen Männer schweigend nebeneinander auf einer kleinen Tribüne, während zunächst die Hymne des Vatikans, dann des Gastgeberlandes erklingt.

Der dunkel gekleidete Erdogan, nur etwa ein halbes Jahr älter als sein Gast, überragt den Mann in Weiß um rund 15 Zentimeter, steht aber etwas gebeugt. Seite an Seite schreiten sie dann über den Roten Teppich, der heute in traditionellem Türkis leuchtet, entlang der Ehrenformation und unter dem Donner von 21 Kanonenschüssen.

Papst wirbt für Pluralismus

Danach ziehen sich beide zu einer Unterredung in den prachtvollen Palast zurück. Der bietet architektonisch eine Mischung aus osmanischer Vergangenheit und der modernen Türkei, die sich ausdrücklich als laizistischer Staat mit Religionstoleranz versteht. Schon im Vorfeld hatte Erdogans Sprecher angekündigt, dass bei den Gesprächen neben den Beziehungen zwischen der Türkei und dem Vatikan auch regionale und globale Entwicklungen zur Sprache kämen, insbesondere in Bezug auf Palästina.

Bei seiner ersten öffentlichen Rede in der Türkei in der National-Bibliothek wirkt der Papst zunächst etwas nervös, verspricht sich mehrfach in seiner auf Englisch gehaltenen Ansprache. Ausdrücklich lobt er Erdogans Familienpolitik und spricht von einer besonderen Rolle der Türkei: „Sie nehmen einen wichtigen Platz in der Gegenwart und Zukunft des Mittelmeerraums und der ganzen Welt ein.“

Zugleich wirbt er für gesellschaftlichen Pluralismus, der von extremen Vertretern des türkischen Nationalismus bekämpft wird, und erinnert an die wichtige Rolle der Christen in der türkischen Gesellschaft. „Ich möchte Ihnen versichern, dass auch die Christen, die Teil der türkischen Identität sind und diese empfinden, positiv zur Einheit Ihres Landes beitragen wollen.“ Beobachter hatten im Vorfeld spekuliert, ob Erdogan eine von ihm früher angedeutete mögliche Wiederbelebung des einzigen christlich-orthodoxen Priesterseminars auf Chalki wahr machen würde.

Erdogan betonte in seiner der Papstansprache vorgeschalteten ausführlichen Begrüßungsrede religiöse Toleranz als ein Ziel seiner Regierung. Ferner unterstrich er die aktive Rolle der Türkei als Vermittlerin zwischen der Ukraine und Russland und lobte den Einsatz des Vatikans für eine Zwei-Staaten-Lösung im Palästina-Konflikt.

Leo XIV. eilte nach den Reden in der Nationalbibliothek zu einem zusätzlich anberaumten Treffen mit dem Leiter der Religionsbehörde Diyanet. Die nächste Station ist dann Istanbul: Dort findet am Freitag der Hauptanlass des Türkei-Besuchs von Leo XIV. statt: das Gedenken an 1.700 Jahre Konzil von Nizäa, bei dem das bis heute für die meisten christlichen Konfessionen gültige Glaubensbekenntnis formuliert wurde. Seine diplomatische Feuertaufe in der türkischen Hauptstadt hat der Papst jedenfalls schon mal bestanden.

Darum ging es beim Konzil von Nizäa

Vor 1.700 Jahren fand in Nizäa in der heutigen Türkei das erste gesamtkirchliche Treffen der Christenheit statt. Dieses Konzil prägt die Kirche bis heute – und wird als Mahnung zur Einheit beschworen.

Mehr zum Thema