Gräben tun sich auf: Nigerianische Flagge
„Unsere Partner fühlen sich dadurch zunehmend bedroht“

Todesstrafe und Morde wegen Blasphemie - Missio kritisiert Nigeria

Aachen/Abuja  ‐ Ein möglicherweise falsches Wort reicht – schon wird in Teilen Nigerias der Vorwurf der Gotteslästerung erhoben, manchmal mit tödlichen Folgen. Das muss sich umgehend ändern, fordert das katholische Hilfswerk Missio.

Erstellt: 20.10.2025
Aktualisiert: 20.10.2025
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Das katholische Hilfswerk Missio Aachen fordert die Abschaffung der umstrittenen Blasphemiegesetze in Nigeria. „Diese Gesetze werden oft als Waffe gegen Christen, andere religiöse Minderheiten wie Sufis, Humanisten oder politische Gegner eingesetzt“, erklärte Missio-Präsident Dirk Bingener: „Sie führen zu unkontrollierter Mob-Gewalt, die meist juristisch nicht geahndet wird. Unsere Partner fühlen sich dadurch zunehmend bedroht“. Er bezog sich auf Berichte nigerianischer Projektpartner.

Politische Bemühungen zur Abschaffung würden zwar laufen; es brauche aber mehr Unterstützung durch internationale Politik, so Bingener weiter. Das Europäische Parlament verabschiedete 2023 eine entsprechende Resolution. Im April 2025 forderte der Gerichtshof der westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft ECOWAS die Aufhebung oder Änderung der Blasphemiegesetze im nigerianischen Bundesstaat Kano.

Hoffnung könnte unterdessen der Fall Yahaya Sharif-Aminu machen. Der Sänger wurde 2020 von einem Scharia-Gericht zum Tode veruteilt, weil er ein Lied mit angeblich abfälligen Bemerkungen über den Propheten Mohammed auf WhatsApp geteilt haben soll. Ende September erlaubte nun Nigerias Oberster Gerichtshof seinen Anwälten, außerhalb der gesetzlich vorgeschriebenen Frist Berufung einzulegen. „Beobachter hoffen, dass dies den Anstoß zur Aufhebung aller Blasphemiegesetze geben könnte“, so Missio.

Zwischen 1999 und 2002 führten zwölf Bundesstaaten mit überwiegend muslimischer Bevölkerung im Norden Nigerias die islamische Gesetzgebung Scharia ein. Im Bundesstaat Kano droht bei Beleidigung des Propheten Mohammed oder des Korans sogar die Todesstrafe. Jedoch gelten zwei Rechtssysteme. Oft wird betont, dass die islamische Gesetzgebung nur für Muslime gelte. Das ebenfalls gültige Strafgesetzbuch orientiert sich hingegen am englischen Recht.

Häufig kommt es aber nicht zu Prozessen, sondern zu Lynchjustiz. Im Mai 2022 wurde etwa eine Studentin, eine Christin, im Bundesstaat Sokoto aufgrund von Blasphemievorwürfen von ihren Kommilitonen gesteinigt. Nigerianischen Medienberichten zufolge soll sie in einer WhatsApp-Gruppe andere Teilnehmer dazu aufgefordert haben, nicht über Religion zu sprechen und die Gruppe stattdessen nur für eine fachliche Diskussion über das Studium zu nutzen.

Ende August wurde eine Frau im Bundesstaat Niger ermordet. Auch sie soll sich angeblich negativ über den Islam geäußert haben.

KNA

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