Symbolbild Recht: Ein Paragraphen-Symbol lehnt sich an eine blaue Wand
Blockade in der Bundesregierung

Scharfe Kritik an deutscher Enthaltung bei EU-Lieferkettengesetz

Berlin ‐ Länder des Globalen Südens setzen große Hoffnungen in das EU-Lieferkettengesetz. Es soll für die Einhaltung von Menschenrechten sorgen. Doch Deutschland will sich bei der Abstimmung enthalten. Wegen der FDP.

Erstellt: 06.02.2024
Aktualisiert: 06.02.2024
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Von Birgit Wilke (KNA)

Laut Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) muss sich Deutschland bei der Abstimmung zur EU-Lieferkettenrichtlinie am Freitag enthalten. Die FDP sei nicht bereit gewesen, einen von ihm vorgeschlagenen Lösungsweg mitzugehen, bestätigte Heil am Dienstag in Berlin. Die Blockade der FDP halte er für ideologisch motiviert. Das EU-Vorhaben steht damit insgesamt auf der Kippe, da eine Mehrheit auch aufgrund der Bedenken aus anderen Ländern nicht absehbar ist.

Die EU-Institutionen hatten sich im Dezember auf einen Kompromiss für ein Lieferkettengesetz geeinigt. Demnach sollen etwa große Unternehmen vor europäischen Gerichten zur Rechenschaft gezogen werden können, wenn es in ihren Produktions- und Lieferketten zu Kinder- oder Zwangsarbeit kommt. Der Europäische Rat als Gremium der EU-Staats- und Regierungschefs muss dem Kompromiss noch zustimmen. Die Abstimmung ist für Freitag vorgesehen.

Finanzminister Christian Lindner und Justizminister Marco Buschmann (beide FDP) hatten vergangene Woche mitgeteilt, sie könnten die Richtlinie nicht mittragen. In Deutschland ist ein „Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz“ seit einem Jahr in Kraft. Darin werden vor allem große Unternehmen verpflichtet, Menschenrechtsstandards in der gesamten Produktions- und Lieferkette zu gewährleisten. Mittlere Unternehmen sollen folgen.

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Verschiedene Organisationen kritisierten die geplante Enthaltung der Bundesregierung scharf. Damit sei es sehr ungewiss, ob die notwendige qualifizierte Mehrheit an diesem Freitag im EU-Rat zustande kommen werde, rügte das katholische Hilfswerk Misereor. Statt die ideologisch motivierte Sabotage der FDP zurückzuweisen, scheuten Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Vizekanzler Habeck (Grüne) den Konflikt und verweigerten Führung für Nachhaltigkeit. Die deutsche Enthaltung sei ein fatales Signal an alle Menschen, die weltweit von Ausbeutung, moderner Sklaverei, Vertreibung und Urwaldzerstörung betroffen seien. Ihnen solle nach dem Willen der Bundesregierung auch künftig kein Recht auf Entschädigung zustehen, wenn europäische Unternehmen ihre Menschenrechte verletzten.

Die Menschenrechtsorganisation Germanwatch äußerte sich ähnlich. Die deutsche Enthaltung zeige ein „erschreckendes Maß an europapolitischer Verantwortungslosigkeit“. Damit lasse die Bundesregierung tausende Menschen im Stich, die weltweit von Menschenrechtsverletzungen betroffen seien, und blockiere auch eines der wichtigsten klimapolitischen Projekte dieser EU-Legislaturperiode. Die FDP zeige kurz vor den Europawahlen ein erschreckendes Maß an europapolitischer Verantwortungslosigkeit. Mit der deutschen Enthaltung sei aber noch keine Entscheidung über den Erfolg des Gesetzes gefallen. Es gebe auch ohne die deutsche Regierung derzeit eine EU-Mehrheit für den Kompromiss zum Lieferkettengesetz.

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