„Oft polemische Stoßrichtung“

Menschenrechtler Bielefeldt: Religionsfreiheit wird verbogen

Berlin ‐ Manchmal wird der Religionsfreiheits-Diskurs zur politischen Waffe gegen „eine vermeintlich dekadente Liberalität“ genutzt, warnt Menschenrechtsexperte Heiner Bielefeldt. Dahinter steht offenbar vor allem ein Land.

Erstellt: 11.12.2023
Aktualisiert: 11.12.2023
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Der Nürnberger Professor für Menschenrechtspolitik, Heiner Bielefeldt, hat zu einem genauen Blick auf Debatten um Religionsfreiheit aufgerufen. Er warnte am Montag davor, „dass eine ins Autoritäre verbogene Religionsfreiheit systematisch zum Antipoden von Meinungsfreiheit, Kunstfreiheit und anderen diskursiven Freiheitsrechten gerät“. Auch für konservative religiös konnotierte traditionelle Familienwerte werde die Religionsfreiheit gern in Anschlag gebracht – „oft mit polemischer Stoßrichtung gegen emanzipatorische Forderungen in Richtung Gender-Gerechtigkeit“.

Bild: © KNA

Menschenrechtsexperte Heiner Bielefeldt

Bielefeldt äußerte sich mit einem schriftlichen Statement aus Anlass der Vorstellung des Jahrbuchs „Religionsfreiheit 2022/23“ in Berlin, das die Arbeitskreise Religionsfreiheit der Evangelischen Allianz in Deutschland, Österreich und der Schweiz zusammen mit dem Internationalen Institut für Religionsfreiheit und der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte in Auftrag gegeben haben.

Aufgebaut zum „Anti-Menschenrecht“

Russland sei bei diesen Entwicklungen „ideologisch tonangebend“ – mit Rückendeckung der russisch-orthodoxen Kirche. Die Religionsfreiheit werde „gleichsam zum Anti-Menschenrecht gegen eine vermeintlich dekadente Liberalität“ aufgebaut. Damit werde der „Universalismus der Menschenrechte im Ganzen bedroht“, so Bielefeldt.

Die Religionsfreiheit werde nicht nur vielfältig verletzt; sie sei „zugleich manchen Projekten autoritärer Umdeutung ausgesetzt, die ihren Charakter eines universalen Freiheitsrechts verdunkeln kann“, so Bielefeldt. Ein „krasses Beispiel“ sei der Versuch von Staaten wie Pakistan, Ägypten, Russland oder Malaysia, „drakonischen Blasphemiegesetzen eine vordergründige menschenrechtssemantische Deckung zu verleihen“.

KNA

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