Hand beim Einwurf des Wahlzettels in die Wahlurne (Symbolfoto)
Wahlkampf im Nachbarland

Polnische Kirche kritisiert geplante Volksabstimmung über EU-Asylreform

Warschau ‐ Polens Regierungspartei PiS möchte die Bevölkerung über die EU-Pläne zur Verteilung von Geflüchteten abstimmen lassen. Die Kirche im Land kritisiert das scharf.

Erstellt: 13.07.2023
Aktualisiert: 12.07.2023
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Von Oliver Hinz (KNA)

Die katholische Kirche in Polen protestiert gegen eine politische Stimmungsmache gegen Geflüchtete. „Man darf nicht der Versuchung nachgeben, im Namen eines falsch verstandenen Patriotismus oder politischen Kalküls Angst, Feindseligkeit oder Abneigung gegenüber Ankömmlingen zu entfachen“, heißt es in einer am Mittwoch von der Polnischen Bischofskonferenz in Warschau veröffentlichten Erklärung ihres Rates für Migration, Tourismus und Wallfahrten. Sie richtet sich unter anderem gegen eine von den regierenden Nationalkonservativen geplante Volksabstimmung über einen neuen Verteilmechanismus für Migranten innerhalb der EU.

Die Bischöfe plädieren für gerechte Solidarität auf europäischer Ebene, um Lasten und Kosten der Hilfe für Asylberechtigte und Menschen, die einen internationalen Schutzstatus erhalten haben, gleichmäßig auf die einzelnen Länder zu verteilen. „Kontrollierte Migrationsprozesse geben ein Gefühl der Sicherheit – im Gegensatz zur chaotischen Migration, die oft von Schleuserbanden koordiniert wird.“

Die reiche Migrationserfahrung Polens, sein christliches Erbe, aber auch das Engagement der Polen für Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine sprächen dafür, die „Idee der weisen Gastfreundschaft und Solidarität“ besonders zu fördern. „Die Art und Weise, wie diese praktiziert wird, muss nicht zum Gegenstand eines Referendums gemacht werden, sondern eines besonnenen Handelns und eines gesellschaftlichen Dialogs, bei dem die Möglichkeiten und gesellschaftlichen Folgen für die Zukunft berücksichtigt werden“, so das von Weihbischof Krzysztof Zadarko geleitete Gremium.

Migrationsrat fordert Offenheit und Respekt

Auf Initiative der nationalkonservativen Regierungspartei PiS hatte das Parlament jüngst den Weg dafür frei gemacht, dass parallel zur Wahl beider Parlamentskammern im Herbst eine Volksabstimmung abgehalten werden kann. Über welche konkrete Frage die Polinnen und Polen abstimmen sollen, steht nicht fest, ebenso wenig wann.

Der PiS-Vorsitzende Jaroslaw Kaczynski hatte Mitte Juni die EU-Pläne für die Verteilung von Schutzsuchenden aus dem Ausland abgelehnt und ein Referendum darüber angekündigt. Die Regierung in Warschau will gemeinsam mit Ungarn verhindern, dass Polen Flüchtlinge, die über südeuropäische Mitgliedstaaten in die EU gekommen sind, aufnehmen oder pro abgelehntem Migranten 20.000 Euro an einen Ausgleichsfonds zahlen muss. Auch Polens größte Oppositionspartei, die rechtsliberale Bürgerplattform (PO), lehnt den EU-Asylkompromiss ab.

Der Migrationsrat der Bischofskonferenz ruft zu einer Haltung der Offenheit und des Respekts gegenüber Migranten und Flüchtlingen auf. Zugleich müssten Einwanderer Kultur, Religion und Gesetze Polens respektieren. Jeder Mensch habe das Recht, auszuwandern und nach einem besseren Ort zum Leben zu suchen. Das gehöre zur Kirchenlehre. „Generationen von Polen profitieren seit Jahrhunderten davon“, heißt es in der Erklärung. Dem Migrationsrat gehören neben Zadarko, der Weihbischof in Köslin-Kolberg (Koszalin-Kolobrzeg) im Nordwesten Polens ist, Militärbischof Wieslaw Lechowicz und zwei Weihbischöfe an.

KNA

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