Menschenrechtler loben Urteil wegen Kriegsverbrechen in Liberia
Genf ‐ Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) hat die erste Verurteilung eines ehemaligen liberianischen Rebellenführers durch ein Schweizer Gericht als wichtigen Schritt zur Gerechtigkeit begrüßt.
Aktualisiert: 26.04.2023
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"Mehr als 20 Jahre nach den Verbrechen haben die Opfer eine entscheidende Rolle bei der ersten Verurteilung aufgrund von Kriegsverbrechen während des liberianischen Bürgerkriegs gespielt", sagte die Vize-Direktorin für internationale Justiz bei HRW, Balkees Jarrah, am Freitag in Genf. "Das Urteil ist ein Durchbruch für die liberianischen Opfer und das Schweizer Justizsystem, um die Straflosigkeit zu beenden."
Am Freitag verurteilte das Schweizer Bundesstrafgericht in Bellinzona Alieu Kosiah, einen ehemaligen Kommandanten der bewaffneten Gruppe United Liberation Movement of Liberia for Democracy (ULIMO). Er ist die erste Person, die vor einem nicht-militärischen Schweizer Strafgericht wegen Kriegsverbrechen angeklagt wurde sowie der erste Liberianer, der für Kriegsverbrechen während des ersten Bürgerkriegs (1989-1996) angeklagt und verurteilt wurde.
Er war 2014 in der Schweiz verhaftet worden, wo er seit 1999 lebte. Im März 2019 reichte die Schweizer Bundesanwaltschaft Klage gegen Kosiah ein, unter anderem wegen Anordnung von Mord und Misshandlung von Zivilisten, Vergewaltigung und Plünderung. Der für Mai 2020 geplante Prozessauftakt war wegen der Corona-Pandemie auf Dezember verschoben worden. Sieben liberianische Überlebende, die Strafanzeige gegen ihn stellten, waren als sogenannte Privatkläger offiziell Parteien im Verfahren.
Der Prozess gegen Kosiah in der Schweiz war möglich, weil das Land den Grundsatz der universellen Gerichtsbarkeit bei laut Völkerrecht schweren Verbrechen in seinen Gesetzen verankert hat. Die Untersuchung und Verfolgung dieser Verbrechen ist unabhängig von deren Schauplatz sowie der Nationalität der Verdächtigen oder Betroffenen. Kosiah befindet sich seit 2014 in Untersuchungshaft. Diese ungewöhnlich lange Haft müsse beim Strafmaß eingerechnet werden, so HRW.
Während zweier bewaffneter Konflikte (1989-1996 und 1999-2003) gab es in Liberia ungezählte Verstöße gegen die Menschenrechte und das humanitäre Völkerrecht wie Massentötungen, Vergewaltigungen und andere Formen sexueller Gewalt, Hinrichtungen im Schnellverfahren, Verstümmelungen und Folter oder den Einsatz von Kindersoldaten. Liberia hat laut HRW bislang niemanden dafür strafrechtlich verfolgt.
KNA