Nachrichten aus der Weltkirche
Weihbischof Ansgar Puff: Kooperation macht Mut

Fachtagung gegen Menschenhandel in Berlin beendet

Bonn/Berlin ‐ Über 90 Expertinnen und Praktiker haben sich im Rahmen einer Fachtagung in Berlin in den vergangenen Tagen intensiv mit dem Kampf gegen Menschenhandel befasst. Noch immer geraten viele Menschen in die Fänge von Menschenhändlern.

Erstellt: 09.02.2023
Aktualisiert: 27.02.2023
Lesedauer: 

In Berlin ist heute (9. Februar 2023) eine Fachtagung zum Thema Menschenhandel unter dem Titel „Analysieren – Vernetzen – Strategien entwickeln“ zu Ende gegangen. Diese fand anlässlich des Internationalen Tags des Gebets und der Reflexion gegen den Menschenhandel (8. Februar) statt und wurde von der Arbeitsgruppe gegen Menschenhandel der Deutschen Bischofskonferenz gemeinsam mit der Katholischen Akademie in Berlin ausgerichtet.

Die über 90 Teilnehmerinnen und Teilnehmer diskutierten aktuelle Fragestellungen ebenso wie langfristige Strategien zur Bekämpfung des Menschenhandels. Zudem sollte die Tagung zur Bildung von Netzwerken gegen den Menschenhandel anregen und dabei die weltweiten Kontakte und Erfahrungen der Kirche in der Beratung und Unterstützung der Betroffenen einbringen. Die Notwendigkeit von Kooperationen betonte auch der Vorsitzende der Arbeitsgruppe gegen Menschenhandel, Weihbischof Ansgar Puff (Köln): „Die Zusammenarbeit verstärkt den Mut Einzelner! Je enger das Netz geknüpft ist, desto mehr Opfer können wir herausfischen. Lassen Sie uns gemeinsam für die Betroffenen und gegen das Verbrechen vorangehen. Kooperation macht Mut.“

„Je enger das Netz geknüpft ist, desto mehr Opfer können wir herausfischen.“

—  Zitat: Weihbischof Ansgar Puff (Köln)

Eine Grundlage der Tagung waren Handlungsempfehlungen, die 2022 in einem Europäischen Aktionsplan gegen den Menschenhandel formuliert worden sind. Dieser war gemeinsam von der Deutschen Bischofskonferenz und der internationalen Santa Marta-Gruppe erarbeitet worden. Der Plan enthält neun konkrete Handlungsempfehlungen zu Opferschutz und Verbrechensbekämpfung. Er ist das Resultat eines zweijährigen Konsultationsprozesses, an dem eine größere Gruppe von nationalen und internationalen Experten beteiligt war. Erstmals konnte der Aktionsplan in Rom am 19. Mai 2022 präsentiert werden. „Der Aktionsplan soll Orientierung für unsere Arbeit gegen Menschenhandel geben. Menschenhandel und seine verschiedenen Ausformungen zum Zweck der Arbeitsausbeutung, der sexuellen Ausbeutung, der Entnahme von Organen, der Ausbeutung im Zusammenhang mit Bettelei, der Zwangskriminalität und zum Nachteil von Minderjährigen sind ein komplexes Phänomen. Der Aktionsplan soll uns helfen, uns in der Vielschichtigkeit nicht zu verlieren“, so Weihbischof Puff.

Zu Beginn der Fachtagung umriss Dr. Judith Vorrath, Stiftung Wissenschaft und Politik, die Komplexität dieses globalen Phänomens und der damit verbundenen Menschenrechtsverletzungen, bevor die unterschiedlichen und sich zugleich ergänzenden Perspektiven auf den Menschenhandel von Seiten der Justiz und aus der Beratungspraxis in einem Gespräch zusammengebracht wurden. Die neu eingerichtete Nationale Berichterstattungsstelle Menschenhandel wurde von Nele Allenberg vorgestellt, die für den Aufbau dieser Stelle beim Deutschen Institut für Menschenrechte zuständig ist. Im anschließenden politischen Gespräch diskutierten Dennis Sporleder, Bundeskriminalamt, und Sophia Wirsching, Koordinierungskreis gegen Menschenhandel (KOK), mit den Bundestagsabgeordneten Elisabeth Winkelmeier-Becker (CDU) und Peter Heidt (FDP) weitere notwendige rechtliche Schritte und Maßnahmen für die Opfer und den Kampf gegen die moderne Sklaverei und Arbeitsausbeutung.

Puff: Hürden abbauen

Mit Blick auf Themen des Aktionsplans erläuterte Prof. Dr. Alexander Trautrims (Universität Nottingham) angesichts menschenhandelsfreier Lieferketten die Verantwortung der Endverbraucher und das Potenzial, das in der Marktmacht der kirchlichen Institutionen liegt. Jana Walther stellte das Engagement der Arbeitsgruppe „Finanzströme des Menschenhandels“ bei der Anti-Financial Crime Alliance (AFCA) vor, einer Plattform von Behörden und privaten Organisationen, die Empfehlungen zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung erarbeitet. Zur Sprache gebracht wurden auch die vielfältigen Aktivitäten gegen Menschenhandel, die von den Kirchen und kirchlichen Organisationen getragen werden. Dazu zählen vor allem auch Initiativen zur Berücksichtigung und Veränderung von Lieferketten sowie die Beratung und Begleitung von Opfern. In der Schlussrunde wurden gelungene Beispiele der Kooperation zwischen Beratungsstellen und Strafverfolgungsbehörden vorgestellt.

Menschenhandel

Aktionsplan gegen Menschenhandel

Der Aktionsplan gegen Menschenhandel ist das Ergebnis eines Reflexionsprozesses unter der Schirmherrschaft der Deutschen Bischofskonferenz und der Santa Marta Gruppe. Dieser Prozess führte Experten aus unterschiedlichen Bereichen in einigen Online-Veranstaltungen zusammen. Auf der Grundlage der Überlegungen dieser Fachleute schlägt der Aktionsplan neun Schlüsselempfehlungen vor, die nach Ansicht der Autoren unbedingt notwendig sind, um den Menschenhandel zu bekämpfen. Aus diesen sorgfältig ausgewählten Empfehlungen resultiert die Forderung nach konkreten Maßnahmen von staatlicher, gesellschaftlicher und individueller Seite. Der Aktionsplan wurde während der 1. Europäischen Santa Marta-Konferenz, die vom 8. bis 9. Februar 2022 stattfand, diskutiert und angereichert.

Im Sinne eines „gesamtgesellschaftlichen Ansatzes“ ist dieser Aktionsplan ein Gruppenprodukt und ein Angebot an diejenigen, die zusammenarbeiten wollen, um mit konkreten Maßnahmen einen systemischen Wandel hinsichtlich der Bekämpfung des Menschenhandels zu erreichen.

Weihbischof Puff rief zum Abschluss der Tagung dazu auf, jede Form der Ausbeutung zu verhindern: „Wir wollen, dass die Ausbeutung sichtbar wird, wir wollen, dass es in der Gesetzgebung und bei dem Wissen über das Verbrechen und die Leiden der Opfer Fortschritte gibt. Wie und wo können wir Hürden abbauen? Wo können wir ansetzen, was hilft den Betroffenen? All diese Fragen haben uns in den vergangenen beiden Tagen bewegt und mit neuen Ideen arbeiten wir weiter.“

Aktionsplan der internationalen Santa Marta-Gruppe

Die katholischen Organisationen, die sich in Deutschland gegen den Menschenhandel engagieren, haben sich 2014 auf Anregung der Migrationskommission der Deutschen Bischofskonferenz in der „Arbeitsgruppe gegen Menschenhandel“ zusammengeschlossen. Neben dem Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz und dem Katholischen Büro in Berlin sind darin der Deutsche Caritasverband, die Deutsche Kommission Justitia et Pax, Missio, die Malteser, Renovabis, Solwodi, IN VIA und das Fraueninformationszentrum Stuttgart vertreten. Vorsitzender ist seit 2018 Weihbischof Ansgar Puff (Köln).

Der Europäische Aktionsplan gegen Menschenhandel wurde gemeinsam von der Deutschen Bischofskonferenz und der internationalen Santa Marta-Gruppe erstellt. In der Santa Marta-Gruppe sind Bischofskonferenzen und andere katholische Organisationen sowie Polizeibehörden aus mehreren Ländern vertreten.

Der Gedenktag der hl. Josephine Bakhita (1869–1947), Schutzpatronin der Opfer von Sklaverei, wurde von Papst Franziskus zum Internationalen Tag des Gebets und der Reflexion gegen den Menschenhandel ausgerufen. Daher widmen sich Christen weltweit am 8. Februar in besonderer Weise dem Kampf gegen alle Formen von Arbeitsausbeutung und Sklaverei. Die hl. Josephine Bakhita war bereits als Kind im sudanesischen Darfur versklavt worden; schließlich gelangte sie nach Italien, wo sie mithilfe einer Ordensgemeinschaft die Freiheit errang. Sie ließ sich taufen, wurde selbst Ordensschwester und erfuhr im norditalienischen Schio schon zu Lebzeiten Verehrung. Papst Johannes Paul II. hat sie im Jahr 2000 heiliggesprochen.

DBK

Mehr zum Thema