Aktionsplan vorgestellt

Bischöfe: Opfer von Menschenhandel besser unterstützen

Bonn ‐ Die Arbeitsgruppe der Deutschen Bischofskonferenz gegen Menschenhandel und die Santa Marta Gruppe haben einen Aktionsplan zur Stärkung von Opferschutz und Verbrechensbekämpfung vorgelegt.

Erstellt: 06.12.2022
Aktualisiert: 06.12.2022
Lesedauer: 

Die Arbeitsgruppe der Deutschen Bischofskonferenz gegen Menschenhandel hat erstmals in Deutschland einen Aktionsplan vorgestellt, der gemeinsam von der Deutschen Bischofskonferenz und der internationalen Santa Marta Gruppe verantwortet wird. Schwerpunkte sind der Opferschutz und die Verbrechensbekämpfung. Der Plan enthält neun konkrete Handlungsempfehlungen. So werden unter anderem spezialisierte Abteilungen in den Justiz- und Strafverfolgungsbehörden gefordert, weil die Verfolgung und Aufarbeitung von Menschenhandel komplexe Kenntnisse über die kriminellen Netzwerke und die Situation der Opfer in den Aufnahme- und den Heimatländern erfordern. Eine weitere Handlungsempfehlung regt Schulungen und besseren Zugang zu Informationen für diejenigen an, die in Bereichen arbeiten, die für Menschenhandel und Arbeitsausbeutung anfällig sind. Die finanziellen Mittel für die Durchführung dieser Maßnahmen sollten auch aus einer konsequenten Beschlagnahme von Vermögen der Täter stammen können.

„Besonders hoffen wir auf mehr Unterstützung für die Opfer und effektive Ausstiegsmöglichkeiten sowie eine verstärkte Kontrolle von Finanzströmen, die mit dem Menschenhandel in Verbindung gebracht werden. Als Kirche setzen wir uns verstärkt für die Überprüfung der Lieferketten ein und verstärken dies auch bei unseren eigenen Einrichtungen“, betonte Weihbischof Ansgar Puff (Köln), Vorsitzender der Arbeitsgruppe der Deutschen Bischofskonferenz gegen Menschenhandel.

Der Aktionsplan ist das Resultat eines zweijährigen Konsultationsprozesses, an dem eine größere Gruppe von nationalen und internationalen Experten beteiligt war. Die Vorschläge der Fachleute wurden auf einer europäischen Konferenz am 8./9. Februar 2022 auf Einladung der Deutschen Bischofskonferenz und der Santa Marta Gruppe diskutiert und zugespitzt. Erstmals konnte der Plan in Rom am 19. Mai 2022 präsentiert werden. Das Ergebnis ist ein kompaktes Programm mit Handlungsempfehlungen und Aktionsfeldern. Die Anregungen können in Deutschland, aber auch in anderen Ländern aufgegriffen und unabhängig voneinander vorangetrieben werden.

Im Rahmen der Online-Veranstaltung mit über 35 Teilnehmenden wurde der Plan Experten aus Politik, Bundesministerien, Opferschutz, Justiz und Strafverfolgung in Deutschland vorgestellt. Dabei ging es auch um konkrete Handlungsschritte zur Umsetzung der Reformmaßnahmen. „Der Aktionsplan ist für die politischen Akteure in Deutschland und in Europa eine Anregung, wie der Menschenhandel effektiv und nachhaltig bekämpft werden kann“, so Weihbischof Puff. Diese Einschätzung unterstrichen die Kommentare von Fachlauten aus Strafverfolgungsbehörden und spezialisierten Fachberatungsstellen gleichermaßen.

Die Deutsche Bischofskonferenz engagiert sich gegen Menschenhandel im weltweiten Netzwerk der Santa Marta Gruppe, die 2014 auf Initiative von Papst Franziskus gegründet wurde. Diese bringt nationale Bischofskonferenzen, Polizei- und Strafverfolgungsbehörden und kirchliche Organisationen zum Kampf gegen den Menschenhandel zusammen. Bischof em. William Kenney (Birmingham/Großbritannien) betonte als Mitglied der Leitung der Santa Marta Gruppe: „Moderne Sklaverei ist keine kriminelle Handlung, die irgendwo anders, weit weg von uns existiert. Sie findet in jedem Land der Welt statt und ist überall um uns herum. Wir müssen unsere Augen und Ohren offenhalten für das, was geschieht, und deshalb ist dieser Aktionsplan so wichtig.“ Er dankte der Deutschen Bischofskonferenz, die die Initiative zur Erarbeitung des Aktionsplans ergriffen hatte.

Menschenhandel

Aktionsplan gegen Menschenhandel

Der Aktionsplan gegen Menschenhandel ist das Ergebnis eines Reflexionsprozesses unter der Schirmherrschaft der Deutschen Bischofskonferenz und der Santa Marta Gruppe. Dieser Prozess führte Experten aus unterschiedlichen Bereichen in einigen Online-Veranstaltungen zusammen. Auf der Grundlage der Überlegungen dieser Fachleute schlägt der Aktionsplan neun Schlüsselempfehlungen vor, die nach Ansicht der Autoren unbedingt notwendig sind, um den Menschenhandel zu bekämpfen. Aus diesen sorgfältig ausgewählten Empfehlungen resultiert die Forderung nach konkreten Maßnahmen von staatlicher, gesellschaftlicher und individueller Seite. Der Aktionsplan wurde während der 1. Europäischen Santa Marta-Konferenz, die vom 8. bis 9. Februar 2022 stattfand, diskutiert und angereichert.

Im Sinne eines „gesamtgesellschaftlichen Ansatzes“ ist dieser Aktionsplan ein Gruppenprodukt und ein Angebot an diejenigen, die zusammenarbeiten wollen, um mit konkreten Maßnahmen einen systemischen Wandel hinsichtlich der Bekämpfung des Menschenhandels zu erreichen.

Hintergrund

Menschenhandel ist weltweit verbreitet und findet in vielen Branchen statt. Er betrifft Menschen, die unter erbärmlichen Bedingungen in der Nahrungsmittelindustrie arbeiten oder solche, die in der sogenannten 24-Stunden-Pflege tätig sind, ebenso wie Bauarbeiter und Saisonarbeiter. Überwiegend Frauen und Kinder werden in der Prostitution ausgebeutet. Papst Franziskus hat die Bekämpfung der Sklaverei und des Menschenhandels zu einem Schwerpunkt seines Pontifikats gemacht. So sind 2019 die Pastoralen Orientierungen zum Menschenhandel des vatikanischen Dikasteriums für den Dienst zugunsten der ganzheitlichen Entwicklung des Menschen erschienen, die Hilfen für die internationale Arbeit in diesem Bereich geben.

DBK