Argentinier Alberto Carbone gestorben
Buenos Aires ‐ In Argentinien ist Alberto Carbone gestorben. Der in Deutschland geborene Mitbegründer der Bewegung „Priester für die Dritte Welt“ war ein Vorbild für viele Geistliche in Lateinamerika.
Aktualisiert: 29.11.2022
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In zwei Monaten hätte er Grund zum Feiern gehabt - seiner Priesterweihe vor 70 Jahren. Doch am Wochenende ist Alberto Fernando Carbone im Alter von 98 Jahren gestorben. Geboren wurde er in Deutschland, wo sein Vater ein Ingenieursstudium absolvierte. Danach siedelte die Familie nach Argentinien über. Dort ist Carbone als Mitbegründer der Bewegung „Priester für die Dritte Welt“ (MSTM) landesweit bekannt.
Zuletzt lebte er in einer Unterkunft für Geistliche im Ruhestand, gleich neben der Kirche von Moreno, die eine Nähe zur ebenfalls populären „Gruppe der Priester der Option für die Armen“ hat. Dass Carbone die Argentinier mit seinem Wirken bewegte, zeigt allein die Tatsache, dass fast alle Zeitungen im Land über seinen Tod berichteten.
Gleich zweimal wurde er von Militärs verhaftet - 1970 und 1972. Ihm wurde zur Last gelegt, an der Seite einer katholischen Jugendbewegung für die Entführung des Generals Pedro Eugenio Aramburu verantwortlich gewesen zu sein. Zwei Jahre später wurde er freigelassen, dann kurzfristig erneut verhaftet und wieder auf freien Fuß gesetzt.
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Ende der 1960er Jahre, inspiriert von der historisch bedeutsamen Generalversammlung der lateinamerikanischen Bischöfe 1968 in Medellin, der Befreiungstheologie und dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-1965), setzte sich Carbone für jene Menschen ein, die am wenigsten hatten. Er gründete mit Gleichgesinnten die Bewegung „Priester für die Dritte Welt“. Sie gilt als Vorläufer der in Argentinien beliebten und engagierten Armenpriester, der „curas villeros“, die wie kaum jemand sonst am Leben der an den Rand Gedrängten teilhaben.
Carbone war in der Anfangszeit so etwas wie ihr Sprachrohr. Speziell in den turbulenten Jahren von 1968 bis 1973, als mit dem Massenmedium Fernsehen Bilder internationaler Studentenproteste gegen den Vietnam-Krieg bis nach Argentinien gelangten und eine gesellschaftliche Debatte auslösten. Er war Sekretär der Redaktion des „Boletin Enlace“. Das Blatt war damals eine Art Leitmedium der jungen Organisation. Die MSTM-Priester galten als nah dran am Peronismus, grenzten sich aber vom Marxismus ab. Sein Engagement damals machte Carbone bis heute zu einer Inspirationsquelle für viele ähnliche gesinnte Priester.
„Er widmete sein Leben dem christlichen Einsatz für Gerechtigkeit, Befreiung und die Armen“, schreibt rückblickend das Portal „Entre Rios YA“ und zitiert ihn wie folgt: „Wir haben uns als Priester der Armen und der Völker gesehen und sahen die Notwendigkeit, eine strukturelle Veränderung vorzunehmen.“ Dies sei ein Prozess der Veränderung gewesen, wie ihn Jesus vorgelebt habe. „Und das ist revolutionär, das ist die gute Nachricht, eine neue Nachricht.“
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Nach seiner Freilassung 1972 ging das Erzbistum Buenos Aires auf Distanz zu Carbone; die Bewegung verlor später an Kraft. Es folgte im Nachgang der Militärdiktatur der Aufstieg der Armenpriester. In einem Interview versuchte Carbone einmal zu beschreiben, wie er das Priestertum sah: Es gehe darum, „Priester zu sein für die Armen“ – obwohl diese Haltung nicht von vielen in der Kirche geteilt werde.
KNA