Endspurt im Wahlkampf Simbabwes
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Endspurt im Wahlkampf Simbabwes

Am 31. Juli ist es soweit: Simbabwe ist an die Urnen gerufen, um sein neues Parlament und den nächsten Präsidenten zu wählen. Die Wahlen im Jahr 2008 waren von massiven Gewaltausbrüchen überschattet. Denn obwohl damals Robert Mugabe nach Angaben internationaler Beobachter verloren hatte, weigerte sich der Staatspräsident zurückzutreten. Ehe es zu einer Stichwahl kommen konnte, wurden durch Paramilitärs mehr als 200 Oppositionelle getötet. Die Angst vor erneuter Gewalt in der Bevölkerung ist groß, sollte Mugabe wieder verlieren.

Erstellt: 19.07.2013
Aktualisiert: 22.11.2022
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Am 31. Juli ist es soweit: Simbabwe ist an die Urnen gerufen, um sein neues Parlament und den nächsten Präsidenten zu wählen. Die Wahlen im Jahr 2008 waren von massiven Gewaltausbrüchen überschattet. Denn obwohl damals Robert Mugabe nach Angaben internationaler Beobachter verloren hatte, weigerte sich der Staatspräsident zurückzutreten. Ehe es zu einer Stichwahl kommen konnte, wurden durch Paramilitärs mehr als 200 Oppositionelle getötet. Die Angst vor erneuter Gewalt in der Bevölkerung ist groß, sollte Mugabe wieder verlieren.

Das katholische Hilfswerk Misereor ist seit langem in Simbabwe aktiv und versucht im Vorfeld der Wahlen verstärkt, die Diözesen beim Angebot von politischer Bildung für die Bevölkerung zu unterstützen. Das sagte die Simbabwe-Länderreferentin des Hilfswerkes, Barbara Schirmel, im Interview mit Radio Vatikan. Ihrer Auffassung nach sind die kommenden Wahlen vor allem deshalb so bedeutsam, weil sich das Land an einem Scheideweg befindet:

Die Menschen wollen einen Wandel

„Die letzten Wahlen, die Mugabe ja eigentlich nicht gewonnen hat, sondern vielmehr seinen Sieg durchgedrückt hat, verliefen sehr blutig, viele Menschen haben sich einschüchtern lassen, sind bedroht worden und umgekommen … Und da hat sich in der Bevölkerung etwas verändert. Man merkt, dass die Menschen einen Wandel wollen, eine Öffnung hin zu einem demokratischeren Verständnis von Regierung zu mehr Transparenz, mehr Zugang zu den Ressourcen des Landes. Das ist im Prinzip der Geist, der durchscheint, wenn man mit den Menschen spricht, und daran sind auch relativ hohe Erwartungen geknüpft. Allerdings bezweifle ich, dass es so problemlos zu diesem Wandel kommen kann.“

Zwar sei positiv zu beurteilen, dass die mittlerweile nicht mehr amtierende Regierung der nationalen Einheit unter der MDCT und der ZANU-PF gemeinsam eine Verfassung auf den Weg gebracht habe, die sehr freiheitlich und demokratisch orientiert sei, so Schirmel. Doch zu weiter reichenden Reformen sei es aufgrund des Regierungsendes nicht mehr gekommen, eine Situation, die der Präsident Mugabe nun durch die Vorverlegung der Wahlen innerhalb seiner verfassungsgemäß garantierten Rechte zu seinen Gunsten genutzt habe. Das habe nun weitreichende Auswirkungen auf die Wahlen:

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Falsche Wählerlisten

„Im Prinzip ist es so, und das ist vielleicht der Unterschied zur Wahl von 2008, dass es jetzt im Vorfeld nicht ganz so blutig zugeht. Es finden zwar Einschüchterungen statt, auch die Opposition wird in ihren Wahlveranstaltungen gehindert, aber problematisch ist vor allem, dass in den Wählerlisten viele Menschen geführt sind, die nicht mehr leben – man schätzt dass über 100.000 Menschen, die auf den Listen stehen, über 100 Jahre alt sind und de facto wohl nicht mehr leben. Darüber hinaus gibt es auch noch schätzungsweise etwa eine weitere Million von Menschen, die außer Landes sind oder nicht mehr leben. Außerdem war der Zeitraum, in dem man sich als die Wähler registrieren lassen konnte, sehr kurz. Man vermutet, dass es vor allem bei den jungen Wählern viele gibt, die nicht für Mugabe stimmen würden. Man hat also gerade die daran gehindert, sich zu registrieren, man hat es verzögert, indem man gesagt hat, die Papiere seien noch nicht vollständig. Das führte dazu, dass im Prinzip nur 9 Prozent aller registrierten Wähler unter 30 Jahre alt sind, was überhaupt nicht der demographischen Verteilung in Simbabwe entspricht.“

Eine wichtige Rolle spiele in diesem Zusammenhang auch der Sicherheitssektor, also die Polizei und der Sicherheitsapparat. Diese hätten im Sinne der neuen Verfassung umstrukturiert werden sollen, aber auch dafür sei noch keine Zeit gewesen. Sie agierten in erster Linie für die Mugabe-Partei ZANU-PF und seien von deren Mitgliedern durchsetzt. Barbara Schirmel fürchtet, dass es innerhalb dieses Szenarios doch noch zu Gewaltausbrüchen kommen könnte:

Opposition gespalten

„Problematisch ist auch, dass die beiden größten Oppositionsparteien sich nicht einig sind, das heißt, dass die beiden, die jetzt auch die meisten Wählerstimmen hinter sich vereinen könnten, also Morgan Tvangirai der MDCT und Welshman Ncube von der MDCN, gespalten sind und jeweils eigene Parteikoalitionen gebildet haben, so dass es auch keine einheitliche Opposition gibt. Damit steigen natürlich die Chancen für Mugabe massiv an, diese Wahlen zu gewinnen. Das löst zum einen Frustration aus. Zum anderen wird die Opposition, sollte Mugabe gewinnen, dem nicht tatenlos zusehen… Es ist durchaus zu befürchten, dass es nach der Wahl wieder zu Gewalt kommt und die Opposition das Ergebnis nicht anerkennen wird. Umgekehrt ist es leider auch durch diese Spaltung sehr unwahrscheinlich, dass einer der Kandidaten der Opposition Mugabe schlagen könnte.“

„Es ist durchaus zu befürchten, dass es nach der Wahl wieder zu Gewalt kommt und die Opposition das Ergebnis nicht anerkennen wird.“

—  Zitat: Barbara Schirmer, Misereor-Referentin

Kirche setzt auf politische Bildung

Um all diesen Entwicklungen entgegen zu wirken, habe die katholische Kirche vor Ort unter Federführung der Justitia et Pax-Kommission und in Zusammenarbeit mit Misereor und anderen Organisationen vor allem auf die Aufklärung der Bevölkerung gesetzt. Gleichzeitig sollen katholische Wahlbeobachter den Wählern ein Gefühl der Sicherheit vermitteln.

„Misereor hat massiv einige Diözesen darin unterstützt, politische Bildung zu betreiben, die Menschen zu motivieren, sich registrieren zu lassen, zur Wahl zu gehen und indirekt wird in vier Diözesen Wahlbeobachtung unterstützt. Das heißt, dass schätzungsweise 2.100 Wahllokale durch Menschen, die mit Justitia et Pax-Kommissionen zusammen arbeiten, besetzt sein werden. Das ist natürlich eine reine Beobachtung, denn die Beobachter sollen sich nicht selbst in Gefahr bringen. Die Absicht ist, hinterher einschätzen zu können, wie fair und ungehindert die Menschen wählen konnten, oder ob Wähler doppelt auftauchen. Insofern muss man sagen, dass vor allem die katholische Kirche sehr engagiert ist – nicht vom parteipolitischen Gesichtspunkt aus, sondern im Sinne einer demokratischen und freien Wahl.“

(rv/kna)