Das gemeinsame Haus
Schöpfung ‐ Seit wir zum Mond gefahren sind, ist unser großartiger Planet Erde ganz neu in den Blick gekommen: der blaue Planet ist unser gemeinsames Haus. Auf dieser Insel des Lebens im All vollzieht sich eine gefährliche ökologische Krise. Sie zu meistern, ist eine der größten Herausforderungen unserer Zeit.
Aktualisiert: 14.09.2022
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Christen sind zum Schutz der Schöpfung beauftragt
Christen glauben „an Gott, den Schöpfer des Himmels und der Erde“. Und Gott, der Schöpfer des Universums, beauftragt die Menschen im zweiten Schöpfungsbericht der Bibel, den Garten, in den sie hineingesetzt sind, zu bewahren, zu pflegen und zu kultivieren (Gen 2,15). Von uns als an einen Schöpfer-Gott glaubende Christen ist angesichts dieses „Zeichens der Zeit“ gefordert, mitzuwirken bei der Bewahrung und heilsamen Gestaltung der Schöpfung.
Wir sind Zeugen und Betroffene einer andauernden und sich verstärkenden ökologischen Krise. Diese wird eindrucksvoll thematisiert in der von Papst Franziskus im Sommer 2015 veröffentlichten Enzyklika „‚Laudato Sí“: Über die Sorge um das gemeinsame Haus“. Sie hat weltweit, auch bei uns im Land, höchste Aufmerksamkeit erfahren. Auf dem weltweiten Klimagipfel, der im vergangenen Dezember in Paris stattfand, sollten Maßnahmen beraten und beschlossen werden, um die ökologische Krise zu meistern. Entsprechend groß waren die Erwartungen.
Klimagipfel in Paris
Im Vorfeld, im November 2015, verfasste die Deutsche Bischofskonferenz gemeinsam mit der Evangelischen Kirche in Deutschland eine Erklärung und formulierte Erwartungen. Unter anderem steht dort: „Von Paris muss eine neue Dynamik ausgehen. Deutschland und Europa können hier eine Vorreiterrolle übernehmen.“ Auch das Zentralkomitee der deutschen Katholiken hat sich zu Wort gemeldet: „Wenn wir diese Chance in Paris verpassen, dann sprechen wir demnächst über bis zu 400 Millionen Klima-Flüchtlinge, von denen sich auch viele auf den Weg nach Europa machen werden.“
Nun hat die Weltklimakonferenz in Paris ein beachtliches Abkommen zustande gebracht. In der Frage der Reduzierung der Erderwärmung wurden die Erwartungen sogar übertroffen. Dieses neue Klimaabkommen kann eine Energiewende im Weltmaßstab einleiten: Die internationale Gemeinschaft hat sich zum Ziel gesetzt, die globale Erwärmung auf deutlich weniger als zwei, wenn möglich auf 1,5 Grad zu begrenzen. Der Höhepunkt der Emission soll so schnell wie möglich erreicht sein. Langfristiges Ziel ist es, in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts Emissionsausgewogenheit herzustellen.
Im Umweltschutz aktiv werden
Diesem Abkommen müssen jetzt Taten folgen. Und alle, auch die Kirchen, sind in die Pflicht genommen, das ökologische Handeln verstärkt weiterzuführen. In der Diözese Rottenburg-Stuttgart antworten wir lokal auf die globale ökologische Krise. Und wir fangen damit nicht am Nullpunkt an. „Schöpfungsfreundliche Kirche“ ist inzwischen zum Markenzeichen unserer Diözese geworden. Die Klima- und Nachhaltigkeits-Aktivitäten der Diözese Rottenburg-Stuttgart und die entsprechenden Investitionen sind beachtlich. So haben wir das Thema Nachhaltigkeit und Umwelt schon seit 2003 unter dem Leitgedanken „Zum Wohle der Schöpfung handeln“ als pastorale Priorität festgesetzt. 2007 haben wir eine integrierte und interdisziplinäre Klima-Initiative ins Leben gerufen, in deren Rahmen zum Beispiel ein Nachhaltigkeitsfonds für energieeffiziente Maßnahmen aufgelegt, zunächst mit 12 Millionen Euro ausgestattet und jährlich weiter aufgestockt wurde. Bis zum Jahresende 2014 haben die Kirchengemeinden gut 73 Millionen Euro für 476 entsprechende Maßnahmen aufgewandt; fast 13 Millionen wurden aus dem Nachhaltigkeitsfonds bewilligt. Derzeit gibt es 188 Standorte in der Diözese mit Photovoltaikanlagen, darunter 58 Kirchen. Durch die Umrüstung der Heizungen in unseren Tagungshäusern konnte dort die CO2-Emission um 90 Prozent gesenkt werden. Ab 2016 werden diese Bemühungen in einem integrierten Klimaschutzkonzept weiter entwickelt. Beispiele, die für Vieles andere stehen.
Die Wichtigkeit des Klimaschutzes für die Bekämpfung der Armut
Unsere Erfahrungen teilen wir mit der Weltkirche. Bei einer Vielzahl von weltkirchlichen Partnerschaftsprojekten unserer Diözese haben ökologische und soziale Nachhaltigkeit Priorität. Denn Klimaschutz und ökologisch nachhaltiges Verhalten sind auch eine wirksame Strategie zur Bekämpfung von Ursachen für Flucht. Dazu lese ich in der Enzyklika „Laudato Sí“: „Der Klimawandel ist ein globales Problem. […] Viele Arme leben in Gebieten, die besonders von Phänomenen heimgesucht werden, die mit der Erderwärmung verbunden sind, und die Mittel für ihren Lebensunterhalt hängen stark von den natürlichen Reserven und den ökosystemischen Betrieben wie Landwirtschaft, Fischfang und Waldbestand ab. Sie […] besitzen keine anderen Ressourcen, die ihnen erlauben, sich den Klimaeinflüssen anzupassen oder Katastrophen die Stirn zu bieten. […] So verursachen die klimatischen Veränderungen zum Beispiel Migrationen von Tieren und Pflanzen. […] das schädigt wiederum die Produktionsquellen der Ärmsten, die sich ebenfalls genötigt sehen abzuwandern. […] Tragisch ist die Zunahme der Migranten, die vor dem Elend flüchten, das durch die Umweltzerstörung immer schlimmer wird, und die in den internationalen Abkommen nicht als Flüchtlinge anerkannt werden…“ Dem ist nichts hinzuzufügen.
Von Gebhard Fürst, Bischof der Diözese Rottenburg-Stuttgart
Quelle: DRS.GLOBAL – Aus der weltkirchlichen Arbeit der Diözese Rottenburg-Stuttgart 2/2016 . Mit freundlichem Dank für die Genehmigung.
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