
Kritik an der EU-Einigung zu Konfliktmineralien
Rohstoffe ‐ Nach einem Jahr Verhandlungen haben sich die EU-Institutionen auf die Leitlinien einer Verordnung geeinigt, die den Handel mit sogenannten Konfliktmineralien regulieren soll. Mehreren Nichtregierungsorganisationen geht die Regelung nicht weit genug. Auch das katholische Hilfswerk Misereor schlägt Alarm.
Aktualisiert: 02.08.2022
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Mehrere Nichtregierungsorganisationen kritisieren die erzielte Einigung zur Transparenz beim Handel mit Konfliktmineralien. EU-Kommission, EU-Parlament und die 28 Mitgliedstaaten hatten sich am Mittwoch in Brüssel nach einem Jahr Verhandlungen auf die Leitlinien der Verordnung geeinigt. Sie verpflichten künftig Unternehmen, die Wolfram, Tantal, Zinn und Gold abbauen, importieren oder schmelzen, Informationen offenzulegen, um Menschenrechtsverletzungen, Schmuggel und Ausbeutung zu bekämpfen.
Misereor: Verordnung bleibt deutlich hinter den Erwartungen zurück
Der Hauptgeschäftsführer des katholischen Hilfswerks Misereor, Pirmin Spiegel, kritisierte, die neue EU-Verordnung erfasse nur einen Bruchteil der Unternehmen, die in der EU mit den Metallen arbeiten. „Die Mehrheit der europäischen Unternehmen – etwa aus der Automobil- und Elektroindustrie – werden damit völlig aus ihrer Verantwortung entlassen“, so Spiegel. Problematisch sei auch die Beschränkung auf nur vier Metalle. Auch der Handel mit anderen Rohstoffen finanziere Konflikte.
Der Vorsitzende der Organisation Germanwatch, Klaus Milke, befürchtet, dass die Risikoprüfung von neuen Investitionen wegen unpräziser Vorgaben zu oberflächlich bleibe. Der Geschäftsführer der Christlichen Initiative Romero, Thomas Kremer, warnte, dass die Beschränkung der Sorgfaltspflicht auf einige Länder kontraproduktiv sein könne. Unternehmen könnten die Länder auf der Liste „schlicht boykottieren anstatt sich um eine Verbesserung der Menschenrechtssituation zu bemühen“. „Wir hoffen, dass die Idee der Länderliste in der endgültigen Verordnung nicht aufgegriffen wird“, ergänzte Michael Reckordt, Koordinator des Arbeitskreises Rohstoffe.
Offener Brief an die EU-Mitgliedsstaaten
130 europäische Organisationen, darunter mehrere aus Deutschland, hatten sich noch am Montag in einem offenen Brief an die niederländische Ratspräsidentschaft und die EU-Mitgliedsstaaten für eine stärkere Regulierung ausgesprochen, die vor allem die rohstoffverarbeitende Industrie stärker in die Verantwortung nehmen soll. Die niederländische Regierung wird in dem Brief aufgerufen, ihre verbleibende Zeit in der EU-Ratspräsidentschaft zu nutzen und weiterhin einen konstruktiven Dialog zwischen dem EU-Parlament und den Mitgliedsstaaten zu fördern.
Der Vorsitzende des Verhandlungsteams des EU-Parlaments, Bernd Lange (SPD), zeigte sich dagegen zufrieden mit den Leitlinien. Die EU sei einem transparenten und effektiven System nähergekommen, um die Finanzierung von Konflikten durch den Handel mit Zinn, Tantal, Wolfram und Gold zu unterbinden.
EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström sagte, dass durch das Abkommen Handel auch für konfliktgeprägte Regionen zu Frieden und Wohlstand führen könnte. Der handelspolitische Sprecher der Europäischen Volkspartei, Daniel Caspary (CDU), sprach von einem guten Kompromiss. Es mache keinen Sinn, auf „realitätsferne Regeln“ zu pochen, wenn daraus ein Handelsembargo entstehen könnte. Dadurch würden Konflikte möglicherweise weiter angeheizt. (lek/KNA/Misereor)
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