Osteuropa-Hilfswerk Renovabis feiert 25. Geburtstag
Hilfswerke ‐ Von Polen bis Sibirien reicht der Aktionsradius des katholischen Hilfswerks Renovabis. Seit 25 Jahren engagieren sich Deutschlands Katholiken für bessere Lebensverhältnisse in Osteuropa und auch jenseits des Ural.
Aktualisiert: 17.01.2023
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Von Polen bis Sibirien reicht der Aktionsradius des katholischen Hilfswerks Renovabis. Seit 25 Jahren engagieren sich Deutschlands Katholiken für bessere Lebensverhältnisse in Osteuropa und auch jenseits des Ural.
Auf 25 Jahre kann Renovabis, das jüngste der sechs weltkirchlichen katholischen Hilfswerke in Deutschland, mittlerweile zurückschauen. Gefeiert wird das Jubiläum vom Mittwoch bis Freitag mit einem internationalen Kongress sowie einem Festakt in Berlin mit Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble als Hauptredner.
Die Gründung von Renovabis war eine Reaktion auf den Fall des „Eisernen Vorhangs“ 1989; der gesellschaftliche und religiöse Neuaufbruch im Osten sollte eine Starthilfe bekommen. Nach dem epochalen Umbruch mussten aber vier Jahre vergehen, bis sich das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) als Initiator mit den Bischöfen darüber einig war. Wie die anderen Hilfswerke Misereor und Adveniat auch erhielt das Werk einen lateinischen Namen, der wörtlich übersetzt heißt: „Du wirst (das Antlitz der Erde) erneuern.“
Jahrzehnte kommunistischer Herrschaft hatten den Christen in Osteuropa zugesetzt. Im staatlich verordneten Atheismus konnten sie ihren Glauben oft nur eingeschränkt praktizieren. In der Tschechoslowakei gab es eine regelrechte Kirchenverfolgung, die Priester und Bischöfe in den Untergrund drängte.
Über diskrete Kanäle hatten die Katholiken im Westen ihren drangsalierten Glaubensgeschwistern schon zu Zeiten des „Kalten Kriegs“ Unterstützung zukommen lassen, über die Ackermann-Gemeinde oder den Europäischen Hilfsfonds der Bischofskonferenzen Deutschlands und Österreichs in Wien. Auch nach der Ausrufung des Kriegsrechts in Polen konnten sich die dortigen Gewerkschafter auf die Solidarität ihrer westlichen Nachbarn verlassen.
Nach 1989 sahen Katholiken wie der damalige ZdK-Generalsekretär Friedrich Kronenberg die Zeit reif, diesem Engagement eine neue, offizielle Form zu geben. In der Bischofskonferenz gab es Vorbehalte gegen ein weiteres Hilfswerk. Doch Kronenbergs Argument, dass Solidarität unteilbar sei und Nord-Süd nicht gegen Ost-West ausgespielt werden könne, setzte sich letztlich durch.
Dabei wusste er den Kölner Kardinal Joachim Meisner auf seiner Seite, der als Kind mit seiner Familie nach Kriegsende aus dem schlesischen Breslau vertrieben wurde und danach in Thüringen lebte.
Für wenige Monate befand sich die erste Geschäftsstelle in einem Kloster in Trier, auch weil der dortige Weihbischof Leo Schwarz federführend die ersten Schritte von Renovabis in die Öffentlichkeit begleitete. Noch im Herbst 1993 holte der Münchner Kardinal Friedrich Wetter das Hilfswerk nach Bayern auf den Freisinger Domberg, wo es mehr Platz bekam und seither seinen Sitz hat.
Erster Geschäftsführer war der Jesuit Eugen Hillengass, ein begnadeter Fundraiser, der sogleich die Devise ausgab, man wolle in Menschen und nicht in Steine investieren. Zu den ersten unterstützten Projekten zählte ein Bildungszentrum in der albanischen Hauptstadt Tirana als Versammlungsort für Katecheten. Weitere gut 23.000 Projekte sollten folgen, vom Auto für einen Priester bis zum Aufbau einer kirchlichen Universität.
Dank Renovabis entstanden in Bosnien-Herzegowina multiethnische Schulen, um die Verständigung zwischen den Volksgruppen nach dem Bürgerkrieg und Zerfall Jugoslawiens zu fördern. Bis Ende 2017 bewilligte Renovabis mehr als 700 Millionen Euro für Partner in 29 Ländern. Auch politisch versucht sich Renovabis Gehör zu verschaffen, etwa beim Thema Frauenhandel, dem viele Osteuropäerinnen zum Opfer fallen.
Von Anfang an verstand sich das Werk nicht zuerst als Geldsammel- und Verteilstelle, sondern als Drehscheibe des internationalen Austauschs. Aus Hilfsempfängern sollten möglichst schnell Partner werden. Mit Leben erfüllt wird dieser Ansatz durch Kongresse, Partnerschaftstreffen und die Zeitschrift „Ost-West. Europäische Perspektiven“.
In diesem Titel liegt auch eine Zukunftsperspektive. Renovabis müsse schrittweise von einer Solidaritätsaktion der deutschen Katholiken zu einer der Katholiken in Europa weiterentwickelt werden, findet Kronenberg (85). Die Krise der EU mit ihren wachsenden Spannungen zwischen Ost und West fordert Renovabis neu heraus.
Von Christoph Renzikowski (KNA)
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