Frage: Sie unterstützen die Arbeit von Missio München. Warum haben Sie sich für ein kirchliches Hilfswerk entschieden?
Cromme: Zunächst einmal: Ich bin Katholik und insofern kenne ich die großen kirchlichen Institutionen, zu denen auch Missio zählt, natürlich seit vielen Jahren. Meine Familie wollte helfen, und so haben wir uns gesagt: Bevor wir jetzt anfangen, selbständig etwas zu eruieren, hängen wir uns an Fachleute dran, die sich da auskennen. Da war für mich völlig klar, dass Missio sich anbot, weil ich immer schon zu Missio Kontakte hatte. Das hat sich ja als sehr richtig herausgestellt.
Frage: Sie sind überzeugter Katholik und haben als Chef von Thyssen-Krupp, als Aufsichtsratsvorsitzender von Siemens und bei Unternehmen wie VW, Allianz und Lufthansa Positionen bekleidet, die immense Verantwortung bedeutet haben. Dabei waren auch Entscheidungen zu treffen, die für viele den Verlust des Arbeitsplatzes durch Werkschließungen oder Umstrukturierungen bedeutet haben. Wie kommen Sie diesbezüglich mit sich ins Reine?
Cromme: Man muss natürlich das tun, was in der jeweiligen Situation richtig ist. Wenn sich herausstellt, dass ein Werk nicht am Leben gehalten werden kann, weil die Aufträge wegbrechen, weil es technologische Veränderungen gibt, dann kann man es nicht weiterführen, wenn es ständig Verluste macht. Denn dann würde man am Ende damit das Ganze gefährden. Insofern hatte ich intellektuell kein Problem damit zu sagen: Das, was keine Zukunft hat, das kann man nicht einfach mit durchschleppen, wenn man weiß, dass es keine Chance gibt, dass es wieder besser wird. Das ist die rationale Entscheidung. Es gibt darüber hinaus natürlich eine ganz andere Dimension, nämlich die menschliche. Natürlich sind mir die Betroffenen nicht gleichgültig. Deshalb haben wir immer wieder so genannte sozial verträgliche Lösungen gesucht, die helfen sollten, den Betroffenen einen vernünftigen sozialen Status zu ermöglichen.
Frage: Ein vernünftiger sozialer Status ist der Wunsch der meisten Menschen. Warum lässt es sich auf dem reichen Kontinent Afrika nach wie für viele nicht gut leben?
Cromme: Das Problem Afrikas ist ein doppeltes: Auf der einen Seite sehen wir die internen Auseinandersetzungen in den einzelnen Staaten, die zu Bürgerkriegen, zu Vertreibung und zu Misshandlungen führen. Das hat dann zur Konsequenz, dass die Leute ihre Heimat verlassen. Das ist das eine Problem: Wir brauchen interne Stabilität in Afrika, die in vielen Regionen leider fehlt. Zum zweiten ist die Korruption ein Grundübel. Da muss man mit vereinten Kräften herangehen. Erst wenn die Korruption eingedämmt ist und Frieden herrscht, wird es auch wirtschaftlichen Wohlstand geben. Kakuma ist ja nur 50 Kilometer vom Südsudan entfernt: Dort wurde erst zwischen dem Norden und dem Süden um die Selbständigkeit des Südens gekämpft. Dann hat der Süden sie bekommen, und nun gibt es wiederum innere Kämpfe. In Kakuma habe ich Menschen aus dem Südsudan kennengelernt, die fünf- oder sechsmal wegen der unterschiedlichen Konflikte ihre Heimat verlassen mussten.