„Wenn Großinvestoren kommen, verlieren die Kleinbauern in der Regel Gelände und Möglichkeiten, ihre Subsistenzwirtschaft durchzuführen und für den Eigenbedarf zu sorgen. Deshalb ist mir eigentlich im Bereich Landwirtschaft erstmal jeder große Investor sehr suspekt.“ Das ist die Meinung von Florian Hammerstein. Der studierte Ökonom ist Geschäftsführer eines Unternehmens in Freiburg, das sich dem nachhaltigen Handel mit äthiopischem Wildkaffee verschrieben hat. „Die kleinbäuerlichen Strukturen sind eine unglaublich gute Basis, um Existenzen aufzubauen und zu fördern, weil der Selbstversorger seine Selbstversorgung gut in den Griff bekommen hat. Das Geld, was dann dazu kommt, ist tatsächlich zusätzliches Einkommen, das direkt in die Tasche des Kleinbauern wandert. Wenn er die Selbstversorgung verliert und beim Investor nur Tagelöhner sein kann, begibt er sich in eine Abhängigkeit. Er kann entlassen werden und verliert somit nicht nur seine Sub-, sondern tatsächlich seine Existenz“, sagt der studierte Ökonom Hammerstein, der mit der Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit GIZ kooperiert.
Grün gewaschen
Im Zusammenhang der Entwicklungsfinanzierung fällt auch häufig das Stichwort „Greenwashing“, ein besonderes Problem bei der Finanzierung nachhaltiger Entwicklung durch große Unternehmen. Greenwashing meint, dass große Unternehmen ihre schlechte Nachhaltigkeits-Bilanz durch ein eher symbolisches finanzielles Engagement in Ländern des globalen Südens sauber- bzw. grün zu waschen versuchen. Florian Hammerstein sagt: „Die Gefahr ist auf jeden Fall da, weil die Konsumenten gerne grüne Unternehmen sehen. Deshalb ist das Risiko relativ groß, dass man nach Methoden greift, bei denen man sein normales Business nicht verlassen muss und dennoch das gute Image bekommt.“ Auch Oikocredit-Mitarbeiterin Christine Alff bestätigt: „Das machen mittlerweile nicht nur alle Firmen in Europa und in den USA, sondern auch internationale Konzerne. Greenwashing ist ein Problem. Wir brauchen international transparente Standards und eine Zertifizierung für bestimmte Produkte – sei es Bekleidung, sei es Windenergie, sei es Wasserenergie. Das ist ein großes Problem.“
Kooperationen
Nur durch das intelligente Zusammenwirken von Staat, Wirtschaft und Privaten sind die UN-Entwicklungsziele bis zum Jahr 2030 zu finanzieren. Welche Rolle spielen kirchliche und karitative Partner in dieser Kooperation? Stipanka Stanic ist Ökonomin und arbeitet für die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit, zurzeit ist sie Projektmanagerin bei „developpp“ in Ostafrika. Für sie ist die Kirche vor Ort oft ein wichtiger Partner: „Kirchliche Träger können als Projektpartner auftreten, insbesondere in Afrika, wo viel braches, ungenutztes Land zur Verfügung steht, das bis dato nicht genutzt wird. So haben wir beispielweise in Tansania ein Projekt, in dem kirchliche Diözesen Ländereien zur Verfügung stellen, auf denen Produkte gepflanzt werden. Im Zuge des Projektes werden ca. 80 Arbeitsplätze vor Ort geschaffen.“
Christina Alff von Oikocredit sieht die Aufgabe von Kirche vor allem darin, sich um die Ärmsten der Armen zu kümmern. Hier geht es weniger um Entwicklungszusammenarbeit, sondern mehr um unmittelbare Nächstenliebe. „Es wird immer darum gehen, dass Kirchen und soziale Organisationen spendenbasiert Unterstützung leisten. Aber wie wir wissen: Die Zahlen der absolut Armen sind in den letzten 20 Jahren gesunken – und zwar immens, insbesondere durch die Fortschritte in Indien und China.“ Zunehmend wichtiger würde die kritische Begleitung der Entwicklungszusammenarbeit durch kirchliche Akteure, meint Alff: „Die Kirchen können uns aufmerksam machen auf Fehlentwicklungen, gerade wenn staatliche Entwicklungszusammenarbeit auf der Regierungsebene nicht greift, wenn unten nichts ankommt bei den Leuten. Und Kirchen haben aus meiner Sicht die Funktion, ein Wachhund zu sein. Was passiert in den jeweiligen Ländern? Da kommt ihnen eine immense Bedeutung zu – plus Bildung, Ausbildung und soziale Aktivitäten.“
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