Flagge Mexikos flattert im Wind
Gigantisches Infrastrukturprojekt schadet nicht nur der Umwelt

In Mexiko wird der „Tren Maya“ zum Geisterzug

Mexiko-Stadt  ‐ Das Verkehrsprojekt „Tren Maya“ in Mexiko spaltet. Touristen nehmen den Zug nur zögerlich an. Nichtregierungsorganisationen berichten über einen Anstieg von Gewalt und Schmuggel in der Region.

Erstellt: 09.12.2025
Aktualisiert: 04.12.2025
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Von Tobias Käufer

Es war das Lieblingsprojekt des von 2018 bis 2024 amtierenden mexikanischen Präsidenten Andres Manuel Lopez Obrador: Der „Tren Maya“ sollte im Süden des Landes den Tourismus und den Handel ankurbeln. Aber das Projekt war von Anfang an umstritten. Der Zug bringt auf einem 1.500 Kilometer langen Rundkurs Touristen zu den historischen Stätten der Maya. Lopez Obrador versprach sich davon rund 150.000 neue Arbeitsplätze. Kurz vor dem Ende seiner Amtszeit drückte er das riesige Infrastrukturprojekt, für das Wälder gerodet und Umweltvorgaben umgangen wurden, gegen jeden Widerstand durch.

Gut ein Jahr nach dem Abschied von Lopez Obrador ziehen Beobachter ein verheerendes Fazit: In den vergangenen vier bis fünf Jahren habe die Gewalt in den vom Bau der Maya-Bahn betroffenen Gebieten wie nie zuvor zugenommen, berichtete in dieser Woche das Portal Proceso. Grundlage ist eine Studie mit dem Titel „Zivile Beobachtungsmission zu den Auswirkungen und Folgen des Projekts Tren Maya“.

An dem Bericht beteiligten sich unter anderem die Koordinierungsstelle des Nationalen Indigenen Kongresses, das kirchliche Menschenrechtszentrum Fray Bartolomé de las Casas und Greenpeace. Der Bericht verzeichnet im Baugebiet des Megaprojekts „eine allgemeine und deutliche Zunahme der Gewalt gegen die lokale Bevölkerung“, die auf kriminelle Gruppen zurückzuführen sei, „die mit illegalen Wirtschaftszweigen (Drogen-, Waffen- und Menschenhandel) in Verbindung stehen und sich in bisher marginalisierten Regionen ausgebreitet haben“.

Die Regierung von Lopez Obrador habe zudem den Umweltbehörden untersagt, die Bauarbeiten für den „Tren Maya“ zu kontrollieren oder bei Verstößen einzustellen. Diese gab es aber laut Dokumenten der Nichtregierungsorganisation Profepa.

Umweltschützer hatten gewarnt

Das allerdings ist nicht die einzige schlechte Nachricht. Die Zeitung „El Pais“ berichtet unter Berufung auf einen vertraulichen Bericht des Nationalen Fonds zur Förderung des Tourismus, dass der Zug laut offiziellen Zahlen derzeit durchschnittlich nur 3.200 Passagiere pro Tag transportiere. Kalkuliert hatten die „Tren-Maya“-Verantwortlichen mit 74.000 Menschen. Bislang kommt man also nur auf fünf Prozent der angepeilten Zahl. Die ersten Waggons rollen seit 2023 über die Schienen.

Angesichts der schlechten Schlagzeilen in nationalen und internationalen Medien ging Mexikos Präsidentin Claudia Sheinbaum nun in die Offensive. Die Parteifreundin und Wunschnachfolgerin von Lopez Obrador erklärte, die Einbindung des Güterverkehrs in den „Tren Maya“ habe direkte Auswirkungen auf den Benzinpreis im Südosten des Landes. Die Verteilung von Kraftstoff in der Region werde sich verbessern und damit zu einer Senkung der Kosten beitragen. Dass der Zug eigentlich als Frachtinstrument gedacht sei, hatten vor allem Umweltschützer immer wieder moniert - und auch davor gewarnt.

Einer der schärfsten Kritiker des Projektes war der mexikanische Menschenrechtsbischof Raul Vera Lopez: „Sie zerstören die ganze Natur. Sie machen einen sehr schweren Fehler“, sagte der mehrfach ausgezeichnete Geistliche der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) im Jahr 2023. Für den „Tren Maya“ waren laut Medienberichten rund acht Millionen Bäume im Süden Mexikos gefällt worden. Indigene Gruppen hatten sich gegen das Projekt gewandt. Widerstand sei aber zwecklos, so Vera Lopez damals. „Die Armee baut dort nicht nur, sie wacht auch darüber, dass die Bevölkerung nicht aufbegehrt.“

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